Warum ich meditiere und was ich darüber gelernt habe

Ich habe im (achtsamen) Meditieren eine gute Gewohnheit gefunden, um gesünder aus der Lockdown-Zeit herauszuwachsen. Eine kritische Reflexion meiner ersten Erfahrungen.

In einer immer mehr phänomenologisch angehauchten Welt stehen wir vor einem Dilemma: Im Moment können wir viele Dinge nicht überrationalisieren und empirisch erklären und dennoch haben sie ihren Mehrwert: Viele Praktiken alter Kulturen, ob Schamanismus, Gedächtnistraining bis hin zur Achtsamkeit (Mindfulness) gerade im Kontext der Meditation, kommen immer wieder hervor und prägen den Diskurs des modernen kulturellen Zeitgeistes.

In jungen Jahren ist mir aufgefallen, wie unterschiedlich Nuancen in einer Sprache vermittelt werden und gewisse Bedeutungen ihren Wert bei einer Übersetzung völlig verlieren, lost in translation quasi. So fühlt es sich manchmal für mich an, wenn im Westen östliche Traditionen ihren Platz zu finden scheinen.

Immer wieder kam es in der Vergangenheit schon zu kulturellen Berührungspunkten, so hat Hermann Hesse mit Siddhartha ein zugängliches Werk zum Buddhismus geschrieben, Albert Hofmann war quasi sein eigener Schamane und Yoga wird heute, typisch neoliberalistisch, zu Tode kapitalisiert.

Wir verstehen zwar oftmals immer noch nicht, was wirklich warum funktioniert, aber ab und an sollte man den Schritt zurück wagen und sich fragen: «Spielt das überhaupt eine Rolle? Warum sollte ich es nicht einfach ausprobieren? Wenn es funktioniert, habe ich dennoch etwas gewonnen!»

Mit dieser Sicht bin ich auf Meditation gestossen. Als neues Lifestyle-Unwort wird «Mindfulness» von Journalist*innen seit Jahren durch die Gegend geworfen, für mich hatte dieser Begriff damit schon völlig an Bedeutung verloren. Mindfulness (Sati) ist in der buddhistischen Theologie nur ein Faktor von sieben zur Erreichung eines erleuchteten Zustandes. Die Achtsamkeit für Dharma (als freie Übersetzung: kosmisches Gesetz und Ordnung) spielt für die moderne Betrachtung jedoch keine Rolle. Man solle einfach «achtsam meditieren». Warum und was bedeutet das überhaupt?

Achtsamkeit ist noch keine Meditation. Achtsamkeit wird oft definiert als: Sich völlig unvoreingenommen bewusst werden über das Jetzt. Das klingt erstmal einfacher, als es ist. Dauernd sind wir am Tagträumen, machen schon die nächsten Planungen oder sind mit der Vergangenheit beschäftigt.

Und genau hier fängt Achtsamkeit an: Man setzt sich gemütlich hin, stellt einen kurzen Wecker (10 Minuten ist gut zu Beginn, mit einer Zwischenmeldung bei Halbzeit, dafür gibt es etliche Apps) und übt sich an der Atmung. Langsames Ein- und Ausatmen, mit voller Konzentration auf den Akt des Atmens, die Gedanken kommen und wieder gehen lassen. Irgendwann erreicht man den Zustand, bei dem man ganz sich selbst ist und vor sich hin existiert. Cogito ergo sum.

Viel weiter ging meine Reise bisher nicht. Ich meditiere seit einiger Zeit täglich und merke mittlerweile, wie ich oft bewusster Sachen angehe, die ich zu erledigen habe. Als Einstieg ist der Wikipedia-Artikel zu Achtsamkeit sehr zu empfehlen. Weitere Infos finden sich in etlichen YouTube-Videos (oder für die wahren Kenner: YouTube-Werbungen zahlreicher Meditations-Apps).

Danial Chughtai

Der Versuch, absolute Erkenntnis zu erlangen, führte Danial Chughtai zum Physikstudium. Dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist, merkt er besonders abends um sieben - bei der vierten Tasse Kaffee. Wenn er nicht gerade ein neues Album hört, sich in fremde Vorlesungen verirrt oder überlegt auf Tee umzusteigen, ist er damit beschäftigt, seine Klamottenauswahl auf Vordermann zu bringen. Gerne vergnügt er sich mit den einfachen Dingen des Lebens; wenn's sein muss bei einem Roadtrip quer durch Europa.

2 Kommentare

  1. J.
    Mo, 18. Januar 2021 / 12:05 Uhr

    Spannender Artikel! Dass du beim Meditieren jedoch zum Schluss „ego cogito, ergo sum“ kommst, überrascht mich. Womöglich verstehe ich Descartes Grundsatz einfach falsch, aber ist die Idee beim Meditieren nicht, dass man sich von den Gedanken löst? Im Sinne von „I am not the body, I am not even the mind“, (frei nach Sadhguru)? Danke für deine Aufklärung/Meinungsäusserung :-).

  2. F.
    Mo, 25. Januar 2021 / 20:52 Uhr

    meiner Meinung nach geht es bei Achtsamkeit nicht grundsätzlich darum keine Gedanken zu haben – sondern sich seinen Gedanken bewusst zu werden…

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