Wie schaffe ich das Semester ohne Prüfungsangst?

Mensch rauft sich vor Blatt Papier die Haare.
Prüfungsangst kann uns zur Verzweiflung treiben – es gibt aber auch ein paar gute Seiten an diesem Gefühl (Bild: Sina Aebischer).

Schwitzige Hände, weiche Knie und Herzrasen: Ein bisschen Nervosität und Anspannung vor einer Prüfung sind ganz normal. Aber besonders für Menschen, die an Prüfungsangst leiden, ist die kommende Prüfungsphase schwierig. Im Interview verrät Dr. Dorothée Bentz, was helfen kann. 

Wenn die Angst der Leistung in den Weg kommt, wird die Prüfungsangst zum Problem. «Unter Prüfungsangst versteht man eine ausgeprägte Angst in Zusammenhang mit einer Prüfung, die sich in der Phase vor der Prüfung äussern kann zum Beispiel durch eine erhöhte Anspannung oder Ängstlichkeit und Nervosität», erklärt Dr. Dorothée Bentz. Sie forscht an der Uni Basel zum Thema Angst und kennt sich mit dem Gefühl aus: «Aber auch während der Prüfung kann es zu stark ausgeprägter Ängstlichkeit bis hin zu Panik kommen.»

Der Auslöser für die Angst kann sehr individuell sein, im Gespräch zählt die Expertin verschiedene Faktoren auf, die in Frage kommen: von einer genetischen Veranlagung über negative Erfahrungen bis hin zum falschen Studiengang.

Es gibt auch positive Aspekte

Bis zu einem gewissen Grad können diese Gefühle auch positiv sein: Eine gewisse Anspannung vor und während einer Prüfung führt in der Regel zu einer besseren Vorbereitung. Und ein mittleres Anspannungsniveau kann helfen, den Fokus und die Konzentration aufrecht zu halten.

Problematisch wird diese Anspannung erst, wenn es zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität kommt: «Wenn ich so grosse Angst habe, dass ich nicht zu Prüfungen gehe oder sie verschiebe und dadurch meine Ziele nicht oder erst später erreichen kann. Oder dass ich so exzessiv lerne, dass ich meinen Alltag nur noch mit Lernen zubringe und mich dadurch auch aus sozialen Aktivitäten und Beziehungen zurückziehe», erklärt Bentz.

Was sind die Symptome – und wie können sie behandelt werden?

Genauso individuell wie die Gründe einer Prüfungsangst können die Symptome sein, an denen Betroffene leiden: Die Anspannung und Nervosität kann sich sowohl körperlich als auch emotional und gedanklich manifestieren.

Porträt Dorothée Bentz

Dr. Dorothée Bentz forscht an der Uni Basel zur Angst (Bild: zvg/Alexander Schindel).

Auch für die Behandlung ist es wichtig, auf die einzelne Person einzugehen, betont Bentz: «Man muss sich erstmal immer anschauen, wo bei der einzelnen Person das Problemfeld gelagert und wie stark es ausgeprägt ist. Ist es etwas, was man noch mit Selbsthilfe lösen kann oder ist es so stark ausgeprägt, dass es wirklich sinnvoll wäre, psychotherapeutische, professionelle Unterstützung zu suchen?»

Nicht von sich auf andere schliessen

Dabei sei es wichtig, sich in der momentanen Situation anzuschauen, weshalb die Person unter Prüfungsangst leidet. Denn je nachdem, welche Faktoren zur Angst führen, gibt es andere Strategien, um die Prüfungsangst zu bewältigen. Sind es Motivationsprobleme, fehlender Fokus, falsche Lerntechniken oder zu wenig Entspannung in der Vorbereitungsphase? Je nach Problem braucht man dann etwas anderes: Ein guter Prüfungsplan, der die Vorbereitung und das Aufteilen des Stoffes erleichtert, Strategien, um den Stress am Tag der Prüfung selbst zu bewältigen oder Techniken, um negative Gedanken zu verhindern.

Und wenn man Freunden mit einer Prüfungsangst helfen will? Dann sollte man immer erst nachfragen, rät Bentz: «Häufig gibt man, wenn man helfen will, ungefragt Ratschläge, vergleicht es mit der eigenen Prüfungsangst, die vielleicht nicht so ausgeprägt ist oder versucht Mut zu machen. Das kann dazu führen, dass sich die Person sehr unverstanden fühlt.»

Forschung an der Uni Basel

An der Universität Basel beschäftigt sich die Transfakultäre Forschungsplattform «Molekulare und Kognitive Neurowissenschaften» mit dem Thema Angststörungen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf dem Zusammenspiel von Angst, Stress und dem Gedächtnis. Denn gerade der Stress beeinflusst das Gedächtnis, erklärt Bentz: «Das kann den Abruf von Gedächtnisinhalten beeinträchtigen. Wenn ich in der Prüfung sehr gestresst bin, kann es sein, dass ich die Inhalte, die ich eigentlich gut abgespeichert habe, nicht abrufen kann.» Darum empfehle es sich, schon bei der Vorbereitung den Stress gar nicht erst gross werden zu lassen.

Trotz allem: Stress ist eigentlich nichts Schlechtes, betont Bentz. «Angst ist evolutionär wichtig für unser Überleben. Aber in solchen Situationen kann sie dann natürlich hinderlich sein.» Sie rät Studierenden, den Fokus bei Prüfungen weniger auf die bedrohlichen Aspekte und mehr auf das Positive zu legen: «Wenn ich die Prüfung geschafft habe, bin ich möglicherweise sehr stolz auf mich. Eine Prüfung kann auch ein tolles Erlebnis sein, weil man endlich zeigen kann, was man eigentlich gelernt hat. Wir können unsere Realität schon sehr stark steuern, mit dem, was wir Raum geben.»

Deshalb kann es helfen, sich vor einer Prüfung noch einmal klar zu machen, weshalb man eigentlich dieses Studium absolviert und wofür man hier gerade arbeitet.


Angst ist ein ständiger Begleiter, auch wenn gerade keine Prüfung ansteht. Welche verschiedenen Arten von Angst es gibt, wie man mit ihnen umgehen kann und welche technischen Hilfsmittel es mittlerweile gibt, könnt ihr in der neuen UNI NOVA-Ausgabe lesen. Online oder an einem der vielen Zeitungsständer auf dem Uni-Gelände.

Sina Aebischer

Wenn Sina nicht gerade einen der endlosen Texte fürs Studium liest, taucht sie gerne in Geschichten und Bücher aus den verschiedensten Genres ein und bleibt damit stets in der Welt der Sprachen, die sie studiert. Ist dann doch einmal eine Auszeit vom Lesen gefragt, verbringt sie ihre Zeit mit ausgiebigen Spaziergängen, gemeinsamen Strickabenden mit Freund*innen oder damit, sich beim Pilatestraining möglichst anstrengende Übungen auszudenken.

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