Running Dinner: Sportliches Znacht mit Fremden

Als ich vor Stefans Tür stehe, weiss ich weder wer noch was mich an diesem Abend erwartet. Ich habe mich mit ihm zum Kochen verabredet und nehme an einem sogenannten Running Dinner teil, welches von der Social Meal-Plattform organisiert wird. Für wen ich koche, weiss ich auch noch nicht, genauso wenig, wer für mich an diesem Abend kochen wird. Oder wo ich essen werde. Oder wer Stefan eigentlich ist. Ich bin also ziemlich ahnungslos, als mich Stefan dann in seine WG bittet. Was ich aber jetzt schon weiss: Der Abend wird sehr spannend und spassig.

Das Konzept Running Dinner besteht seit etwa vier Jahren in grösseren Städten und funktioniert ganz einfach: Je zwei Menschen kochen zusammen einen von drei Gängen eines Dinners (also Vor-, Haupt- oder Nachspeise). Allerdings speisen die Zweierteams die anderen beiden Gänge, welche sie selbst nicht organisieren, an zwei anderen Orten in der Stadt. Die Tischgesellschaft ist dabei ebenfalls immer wieder eine andere. Ein Running Dinner (oder auch „Rudi“ und „Run and Dine“ genannt) ist nicht nur eine tolle Möglichkeit, neue Leute und fremde Winkel einer Stadt kennenzulernen, sondern auch eine Entdeckungsreise zu bisher unerforschten Geschmacksgebieten und Rezeptlandschaften.

 

social meal

In Basel werden solche Running Dinners unter anderem von der Plattform Social Meal organisiert. Stefan, mein Teammitglied, und sein Mitbewohner Sam haben die Plattform 2015 zusammen gestaltet und aufgezogen. Letztes Jahr wurden sie an der Universität Basel mit zwei anderen Teams im Rahmen des Boost!-Wettbewerbs ausgezeichnet. Stefan erklärt, dass Social Meal eine Sharing-Community sei. «Es gibt bereits ähnliche Formate, welche aber im Kern Sharing Economies sind. Die Unterscheidung ist uns wichtig: Wir haben keine ökonomischen Ziele – das würde den ganzen sozialen Gedanken zerstören -, sondern wollen Menschen zusammenbringen.» Deshalb ist es auch Ziel von Social Meal, dass möglichst viele Leute teilnehmen und selbst Mahlzeiten auf der Plattform anbieten. Ebenfalls ein wichtiges Thema ist die Sensibilisierung für Lebensmittelverschwendung und saisonale Zubereitungen.

Pesto-Pinien-Blätterteig-Häppchen, Ofengemüse und Erdbeermousse
Stefan habe ich vorher nicht gekannt. Nachdem ich mich ohne Partner angemeldet habe, hat er mich unter seine Fittiche genommen. Er hat das Running Dinner organisiert und allen Teams ihre Mahlzeiten, Adressen und Gäste zugeteilt. Wir beide bereiten die Hauptspeise für uns und zwei weitere Teams vor: Es gibt Ofengemüse, Dämpflauch und verschiedene Quornbällchen und –nuggets, da einige Veganer mit uns speisen. Beim Running Dinner ist es wichtig, alle Essgewohnheiten zu respektieren.

Nachdem wir den grössten Teil vorbereitet haben, sind wir zunächst aber zur Vorspeise im St. Johann–Quartier eingeladen. Zwei Pharmaziestudentinnen begrüssen uns in ihrem Garten zum Aperitif, zwei weitere Pharmaziestudenten essen mit uns mit. Es ist zwar zunächst etwas ungewöhnlich, da sich niemand von uns kennt, aber man kommt schnell ins Gespräch: Was studierst du, was machst du so in deiner Freizeit? Und dabei bekommt man wirklich leckeres Essen serviert: Die Liebe zum Detail schmeckt man: Die Pesto-Pinien-Blätterteig–Häppchen mit anschliessendem bunten Salat sind wirklich fein. Ich fühle mich verwöhnt.

Für Stefan und mich geht es wieder zurück in die WG, um dort den Hauptgang fertig vorzubereiten. Die ersten Gäste treffen ein, es wird gemeinsam angestossen und berichtet, was die anderen zur Vorspeise hatten.

Zuletzt ergibt es sich, dass wir zur Nachspeise am Ort bleiben, da wir bei Sam, dem Mitbewohner von Stefan, zum Dessert eingetragen sind. Das stört aber so gar nicht beim Anblick auf das Erdbeermousse mit Vanille und Schokoladenpudding. Und natürlich kommen wieder neue Gäste und damit auch neue fremde Leute. „Bei wem wart ihr zur Hauptspeise? – Ah, bei ihnen hatten wir den Aperitif!“ Es ergeben sich lustige Gespräche, Erzählungen zu früheren Running Dinners und neue Bekanntschaften.

Ich merke erst, wie erschöpft, aber zufrieden ich bin, als ich mich aufs Fahrrad schwinge und ziemlich satt und gemächlich nach Hause radle.

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