Einfach mal treiben lassen – Teil 1

Der Sommer klopft dieses Jahr immer wieder mit glühend heisser Faust an unsere Tür und hat in Europa bereits diverse Hitzerekorde aufgestellt. Was wäre da wohl besser geeignet, um den von der Hitze gezeichneten Körper etwas abzukühlen, als eine erfrischende Tour durch den Rhein? Das ist nicht nur in Basel möglich.  15 Bahnminuten und schon erlebt man den Rhein auf ganz andere Weise:

Das Wichtigste vorweg: Schwimmen im Rhein kann lebensgefährlich sein! Daher gilt: Gestalte das Rheinschwimmen so sicher wie möglich. Für die von uns geschwommene Strecke gibt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) an: Schwimmen möglichst ufernah, mit gelber oder anderweitig gut erkennbarer Bademütze, und Schwimmsack/Wickelfisch. Ausserdem geben sowohl die DLRG als auch die SRLG klare Richtlinien zum Schwimmen im Rhein vor (DLRG, SLRG). Beide Verbände sind sich einig: Rheinschwimmen ist nur etwas für geübte und sichere Schwimmer, welche die oben verlinkten Baderegeln beachten. Das Schwimmen im Rhein erfolgt stets in eigener Verantwortung und diese sollte man auch ernst nehmen.

Streckenteil 1: Neues Kraftwerk Rheinfelden bis Sole Uno
Distanz ca. 2000 Meter, Dauer ziemlich genau 60 Minuten, Durchschnittsgeschwindigkeit 2km/h

Es ist der 25. Juli 2019, 37 Grad sind für Rheinfelden und Umgebung angesagt und ich treffe mich mit meinem Freund Simon. Er ist die geplante Route bereits geschwommen und bringt Erfahrung mit. Ausserdem sollte man in offenen Gewässern und bei langen Strecken besser zu zweit unterwegs sein.

Alles ist gepackt, lediglich eine letzte Schicht Sonnencreme muss noch aufgetragen werden

Ich habe den grossen Schwimmsack der Universität Basel dabei und verstaue darin ein Paar Snacks, ein Handtuch, Ausweis, Sonnencreme, Handy, Schuhe und Wechselkleidung – die Badehose habe ich bereits an. Wir treffen uns am neuen Wasserkraftwerk Rheinfelden, welches auch von Basel aus gut zu erreichen ist. Vom Badischen Bahnhof aus kann man in 17 Minuten und 5 Stationen nach Beuggen reisen. Ab dem Bahnhof Beuggen sind es dann nur noch etwa 20 Minuten Fussweg am Rheinufer entlang, bis man das Kraftwerk erreicht.

Wir wechseln am Kraftwerk die Uferseite und steigen unterhalb des Kraftwerks am Schweizer Rheinufer ein. Wichtig: Für diesen ersten Streckenteil gibt die DLRG keine Schwimmempfehlung. «Lediglich sehr gut ortskundige und sehr routinierte und konditionsstarke Schwimmer mit Strömungserfahrung […] mit Wildwasserweste» sollten sich hier ins Wasser begeben. Hier möchte ich anmerken, dass wir uns auf Grund unserer Vorerfahrung und Schwimmsicherheit sicher waren, diese Route bestreiten zu wollen. Ich war früher selbst Mitglied in der DLRG und Simon ist ein erfahrener Rheinschwimmer. Unsichere Schwimmer mit mangelnder Ausrüstung, ungenügendem Überblick über die Wassersituation und zu wenig Erfahrung steigen unbedingt erst am «Haus Salmegg» ein – siehe Streckenteil 2.

Bei etwa 24°C Wassertemperatur und einem vergleichsweise niedrigen Pegelstand von 262m ü. M. lassen wir uns ins Wasser gleiten und liegen mit den Oberkörpern, die Arme verschränkt, auf den Seesäcken (diese übrigens nie am Körper festbinden!). Neben uns verschwinden ein halbes Dutzend Haubentaucher im Wasser, nur um gleich darauf wieder etwas weiter flussaufwärts aufzutauchen. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite befindet sich hier ein Naturschutzgebiet und auch die Schweizer Uferseite ist hier dicht bewachsen und wenig bebaut.

Auf der deutschen Rheinseite blüht und gedeiht das Naturschutzgebiet hinter dem Kraftwerk

Am Anfang paddeln wir noch mit den Füssen mit, weil einige Kehrwasserabschnitte uns zurückhalten, später treiben wir mit der Strömung und immer in Ufernähe flussabwärts. Auf unserer linken Seite erscheint schliesslich ein kleines Strandareal mit ins Wasser vorgelagerten Steintreppen. Das Areal grenzt an den östlichen Stadtpark in Schweizer Rheinfelden an und liegt knapp oberhalb des «Sole Uno».

Wir nutzen diese Stelle um auszusteigen und laufen parallel zum Rhein, etwa 500 bis 1000 Meter, bis zur «Alten Rheinbrücke», wo wir zum «Inseli» hinabsteigen und unsere erste Pause machen. Das «Inseli» ist ein kleines Park- und Strandareal unterhalb der Rheinbrücke, welches zum Entspannen und Planschen einlädt. Auf Grund von stehenden Wellen, Kehrwasser, starker Strömungen und Bootsverkehr wird davon abgeraten, den letzten Teil zwischen Sole Bad und Rheinbrücke zu schwimmen. Ausserdem befindet sich zur deutschen Seite der Rheinbrücke hin das 28 Meter tiefe St. Anna-Loch, ein potenziell tödlicher Graben im Flussbett.

Bei der Ankunft am «Inseli» kommen wir mit einer älteren Dame ins Gespräch, welche dieselbe Route wie wir geschwommen ist. Sie sei 70 Jahre alt und schwimme schon seit etwa 40 Jahren diese Rheinstrecke. «Schade nur, dass ich die letzten Jahre allein schwimmen muss. Freunde in meinem Alter machen das in der Regel nicht mehr mit», berichtet sie etwas wehmütig. Mit einem Blick auf eine vorbeitrudelnde Gruppe von Rheinschwimmern einigen wir uns darauf, dass man im Sommer auf dem Rhein ja doch nie ganz allein ist und verabschieden uns.

Streckenteil 2: Haus Salmegg bis Hertener Loch
(Distanz ca. 4200 Meter, Dauer etwa 75 Minuten, Durchschnittsgeschwindigkeit 3,3km/h)

Vom «Inseli» aus wechseln wir wieder die Uferseite und laufen zunächst die Alte Rheinbrücke entlang und dann links am «Haus Salmegg», einem Kunstmuseum mit angegliederter Parkanlage und Restaurant, vorbei Richtung Ufer. Etwa 50 bis 100 Meter unterhalb der Rheinbrücke steigen wir wieder ins Wasser und lassen uns treiben. Wer aus Basel kommt und hier zusteigen möchte, der kann die vierzehnminütige Zugverbindung vom Badischen Bahnhof nach Rheinfelden (Baden) nutzen. Der Fussweg vom Bahnhof Rheinfelden zum «Haus Salmegg» beträgt lediglich 400 Meter und dauert etwa fünf Minuten.

Für diesen Streckenabschnitt gibt die DLRG vor, den Anlegebereich für Schiffe im Rheinhafen, knapp 300 bis 400 Meter flussabwärts vom «Haus Salmegg», grosszügig Richtung Rheinmitte zu umschwimmen. Die Bereiche zwischen Kaimauer und Schiff bzw. zwischen zwei anliegenden Schiffen sind potenzielle Todesfallen, da Schwimmer hier in die Enge geraten und von schaukelnden Schiffen zerquetscht werden können. Trotzdem gilt sowohl für den Hafenabschnitt als auch für die restliche Strecke: so ufernah wie in der entsprechenden Situation möglich schwimmen.

Uns wird es leicht gemacht und wir können den Hafen frei von etwaigen Schiffen passieren. In der ersten Hälfte dieses Abschnittes treibt man vorbei an ufernahen Garten- und Wohnanlagen. Wir bemühen uns leise zu sein, als wir an einem schlafenden Mann vorbei treiben, der sich für sein Nachmittagsschläfchen auf ein am Steg angeleintes Surfbrett gelegt hat – jeweils einen Arm und ein Bein zur Kühlung im Wasser baumelnd.

Am Hertener Loch wird der Sommer in vollen Zügen genossen

Auf etwa der Hälfte der Strecke durchschwimmt man eine Autobahnbrücke. Hier sollte man einen Sicherheitsabstand zu den Brückenpfeilern halten und möglichst ufernah schwimmen. Dann nimmt auch die Bebauung wieder ab und man hat noch etwa einen Kilometer am bewaldeten Ufer entlang, bis man schliesslich am Hertener Loch den finalen Ausstieg nehmen kann. Eine grosszügige Grünfläche bietet dort Möglichkeiten zum Sonnenbaden und Grillen.

Wir waren nach der Tour jedenfalls ziemlich erschöpft, die Haut an Händen und Füssen war leicht schrumpelig und so machten wir uns nach einer kurzen Trockenphase auf den Weg zum Bahnhof. Dieser ist lediglich 600 Meter Fussweg entfernt und bringt müde Rheinschwimmerbeine in gemütlichen vier Stationen zurück nach Basel.

Deutliche Rillen an der Fingerspitzen erzählen von der langen Reise auf dem Wasser

Die Route in Rheinfelden ist auf jeden Fall abenteuerlicher und natürlicher als der Weg mitten durch die Stadt Basel. Man muss sich gut vorbereiten und wissen, worauf man sich einlässt. Ich würde mich immer gut über die Wassersituation informieren, bevor ich die Route wage und nicht beim ersten Versuch die vollen sechs Kilometer abarbeiten. Lieber Stück für Stück und dem eigenen Nivau angepasst. Die Pausenplätze auf der Route sind immer gut mit dem Zug zu erreichen und so ist man in der Gestaltung der Route recht flexibel. Wer auf den Geschmack gekommen ist, sollte sich unbedingt zuerst auf der Internetseite des DLRG umschauen, dort gibt es auch eine interaktive Karte mit zusätzlichen Informationen. In diesem Sinne eine gute, sichere Reise und Eincremen nicht vergessen!

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