Stell dir vor, du wohnst in Schweden, es ist Winter, alles ist dunkel und kalt. Morgens um zehn Uhr feiern die Radiomoderatoren den müden Sonnenaufgang mit Gesang und Jauchzern. Diese Freude hält aber nur kurze Zeit an, denn bereits beim Verdauungskaffe nach dem Mittag macht die Sonne wieder Feierabend. Ganz schön öde. Um diese traurige, deprimierende Zeit zu überleben, haben sich die Schweden für Weihnachten so einiges einfallen lassen! Wie in meiner zweiten Heimat Weihnachten gefeiert wird, lest ihr hier:
In Schweden gibt es keinen klassischen Santa Clause, es existieren gleich zwei Sorten von ‚Weihnachtsmännern‘. Die einen sind kaum einen Meter gross, haben einen weissen Bart, sind neugierig, verspielt, werden ‚tomte‘ genannt und entsprechen wohl am ehesten unserer Vorstellung eines Gnoms oder Dobby, dem Hauselfen von Harry Potter. Tomtar (Mehrzahl von tomte) sind jeweils an eine Familie gebunden und bleiben jener auch bei einem Umzug treu. Das ganze Jahr helfen sie im Haushalt mit, ohne dass man sie je zu Gesicht bekommen würde, und werden dafür an Heiligabend mit einem ‚julgröt‘ (Weihnachtsporridge) belohnt, den man vor dem Schlafengehen auf den Küchentisch stellt und der am nächsten Morgen magischerweise verschwunden ist.
Die zweite Sorte Weihnachtsmann kommt dem amerikanischen Santa Clause näher: Auch er bringt die Geschenke an Heiligabend vorbei, jedoch ohne grosses Trara mit fliegendem Schlitten und halsbrecherischen Schornsteinauftritten. Er tritt ganz gelassen und gemächlich zur Haustür hinein. Statt adipös zu sein und am Nordpol zu leben, begnügt er sich mit einem durchschnittlichen BMI und einem Zuhause im Wald nebenan. Dieser ‚jultomte‘ ist fest verankert in der schwedischen Kultur, sodass man am 24. Dezember ganz viele verkleidete ‚jultomtar‘ mit einem grossen Jutesack auf der Strasse entdecken kann, die jeweils beim Nachbarn die Geschenke verteilen gehen.
Santa Lucia
An Santa Lucia, das immer am 13. Dezember stattfindet, feiert man in Schweden das Fest des Lichts und die Ankunft der Weihnachtszeit. An diesem Tag finden grosse Prozessionen statt. Die in weiss gekleideten Frauen tragen dabei Wachskerzen im Haar und Hand sowie eine rote oder goldene Schärpe, während die Männer sich mit spitzen, weissen, sternenverzierten Hüten und zauberstabähnlichen Stöcken ausstatten.
Sie vertreiben mit dem Licht und ihrem Gesang die Dunkelheit, was bis heute eine sehr schöne, beeindruckende Tradition geblieben ist. Nach dem strahlenden Festzug sitzt man noch mit Glühwein und Gebäck beisammen, umgeben von vielen brennenden Kerzen. Es ist ja schliesslich das Fest des Lichts.
Das Gebäck besteht vor allem aus zwei Sorten: Pepparkakor und Lussekatter. Dabei schmecken die Pepparkakor mit viel Zimt, Kardamom, Nelken und Ingwer wie eine knusprige Variante von den uns bekannten Lebkuchen. Doch der Höhepunkt eines jeden Gebäckliebhabers bilden die Lussekatter! Gelbe Doppelkringel aus süssem Safran-Hefeteig, die nicht nur farblich das Auge zum Mitessen anregen, sondern auch auf der Zunge zergehen. Der betörende Duft, der beim Backen durch die Küche steigt, lässt so einige Wikingerherzen höher schlagen und erst nach dem Verspeisen des ersten Lussekatt hat die Weihnachtszeit wirklich begonnen. Falls du also Lust hast, ein Stückchen Norden zu dir nach Hause zu holen, probiere das Rezept aus, das ich am Ende des Artikels eingefügt habe!
Essen, tanzen, singen
In Schweden wird Weihnachten an Heiligabend gefeiert. Man versammelt sich bereits morgens bei Familien und Freunden, fängt an Bier zu trinken, Häppchen zu essen, macht einen Spaziergang und um drei Uhr nachmittags sitzt ganz Schweden vor dem Fernseher, um das Weihnachtsprogramm von ‚Kalle Anka‘ (Donald Duck) zu sehen. Dort werden klassische Szenen jedes Jahr wiederholt und hier und da mit ein paar neu erschienenen Filmausschnitten aufgepeppt. Wenn Kalle Anka läuft, versucht sich die ganze Familie auf ein Sofa vor den Fernseher zu quetschen und diejenigen, die keinen Platz darauf finden, legen sich kreuz und quer auf den Boden. Nebeneinander oder aufeinander, Hauptsache man hat freie Sicht auf den Fernseher. Schliesslich möchte niemand verpassen, wie Pluto den Weihnachtsbaum umschmeisst.
Anschliessend wird das Essen serviert. Es wurde bereits tagelang im Voraus zubereitet und mit jedem Tag wuchs die Vorfreude. Zu Weihnachten gibt es in Schweden üblicherweise ein grosses Buffet mit Lachs, Hering, Kartoffeln, ‚kötbullar‘ (Fleischbällchen), Lengfisch, den man zuerst trocknet und dann in Salz einlegt, Rotkohl, Brot, Käse, einem grossen Weihnachtsschinken und vieles mehr. Wenn man sich so rund wie die Weihnachtskugeln selbst gegessen hat, rollt man rüber zum Wohnzimmer, singt Weihnachtslieder und tanzt Hand in Hand um den Weihnachtsbaum herum. Irgendwann kommt schliesslich der jultomte vorbei. Das freut vor allem die Kinder. Zumindest solange sie nicht bemerken, dass der Nachbar die genau gleichen Stiefel trägt…
Die evangelisch-lutherische Schwedische Kirche lädt um Mitternacht, fünf Uhr morgens und um elf Uhr abends zur Messe ein. Früher fuhr man bei der morgendlichen Messe mit dem Schlittengespann inklusive goldigen Glöckchen und Laternenbeleuchtung zur Kirche. Der Rückweg hingegen gestaltete sich als sehr abenteuerlich, da man daran glaubte, dass derjenige, welcher als erstes von der Messe zuhause ankam, im kommenden Jahr eine reiche Ernte haben wird. Was natürlich zu rasanten Fahrten und zahlreichen Unfällen führte.
Tjugondag Knut kör julen ut
Weihnachten endet in Schweden am dreizehnten Januar, dem Tjugondag Knut. Dann dürfen die Kinder den Weihnachtsbaum plündern und all die dort aufgehängten Süssigkeiten genüsslich verzehren. Der Baum wird dabei kurzerhand aus dem Fenster geworfen.
Falls ihr nun Lust habt, die Weihnachtszeit ein wenig schwedischer zu gestalten, probiert dieses Lusskatter-Rezept aus! In diesem Sinne wünsche ich euch God Jul och Gott Nytt År!
Lussekatter Rezept
Sarfransteig:
- 50 g Hefe
- 1 g Safran
- 150 Butter/Margarine
- 5 dl Milch
- 250 Quark
- 1 Ei
- 0.5 tl Salz
- 1.5 – 3 dl Zucker
- 17 dl Mehl
Garnitur:
- Rosinen
- Ein Ei zum Bepinseln
Zubereitung:
Schmelze die Butter in einem Kochtopf. Vermenge die geschmolzene Butter, die Milch, den Zucker, den Safran, das Ei, den Quark und die Hefe in einem grossen Behälter und rühre so lange, bis sich eine gleichmässige Teigmasse gebildet hat. Füge das Mehl und das Salz hinzu. Knete den Teig, bis er sich weich und geschmeidig anfühlt (ungefähr 10 Minuten). Lasse den Teig eine Stunde aufgehen.
Knete den Teig nochmals kurz durch. Das Formen der Doppelkringel: Nimm ein kleines Stück Teig und forme es zu einer Rolle. Die beiden Teigenden müssen nun entgegengesetzt aufgerollt werden, bis sie sich in der Mitte treffen. Drücke jeweils eine Rosine in die Mitte der beiden Kringel. Bepinsle Die Kringel mit dem Ei, lass sie noch einen Moment aufgehen. Danach müssen sie für ca. 8 min lang bei 225° Umluft in den Ofen, bis sie goldbraun sind. Fertig, lass es dir schmecken!