Ein Gespräch über sexuelle Belästigung mit Advokatin Kathrin Bichsel
Mit dem Slogan «Wer zu nah kommt, geht zu weit» hat die Universität Basel eine Kampagne lanciert, die auf sexuelle Belästigung, Prävention und Hilfsangebote aufmerksam macht. Studierende und Mitarbeitende, die im Umfeld der Universität Basel sexuelle Belästigung erleben, können sich an Kathrin Bichsel wenden. Die Anwältin fungiert als externe und unabhängige untersuchende Ansprechperson für Betroffene. In einem Interview mit ihr bekam ich Antworten auf Fragen zum Thema sexuelle Belästigung und einen Einblick in ihre Tätigkeit.
Sexuell konnotierte Witze und Sprüche, Berührungen, Küsse, bis hin zur sexuellen Erpressung – Sexuelle Belästigung hat viele Gesichter. In einem nationalen Forschungsprogramm der Schweiz zum Thema sexuelle Belästigung gaben 68% der Teilnehmenden an, dass sie im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz mindestens einmal selbst potenziell belästigendes Verhalten gezeigt haben.
Alle Beteiligten gaben zudem an, das eigene Verhalten als schädlich für das Arbeitsklima wahrgenommen zu haben. Sie waren sich dem eigenen Fehlverhalten also durchaus bewusst. Doch auch vor dem Eintritt ins Berufsleben spielt sexuelle Belästigung bereits eine Rolle. Kriminologin Katrin List erklärt in einem Artikel in der ZEIT, dass insbesondere im Studium sexuelle Belästigung keine Seltenheit darstellt – in Deutschland habe jede zweite Studentin sexuelle Belästigung persönlich erlebt.
Was umfasst der Begriff sexuelle Belästigung?
Darunter fällt jedes Verhalten mit sexuellem Bezug oder auf Grund der Geschlechtszugehörigkeit, das von einer Seite unerwünscht ist und eine Person in ihrer Würde verletzt. Sie kann mit Worten, Gesten oder Taten ausgeübt werden. So fallen anzügliche und zweideutige Bemerkungen darunter, sexistische Bemerkungen oder Witze über sexuelle Merkmale, sexuelles Verhalten oder sexuelle Orientierung, wenn bspw. pornografisches Material vorgezeigt oder aufgehängt wird, wenn man eine unerwünschte Einladung erhält mit eindeutiger Absicht oder es kommt zu unerwünschtem Körperkontakt, Annäherungsversuche, die mit Versprechen von Vorteilen oder Androhen von Nachteilen einhergehen, sexuelle Übergriffe, Nötigung oder Vergewaltigung.
Wie begegne ich sexueller Belästigung, wenn ich direkt betroffen bin?
Wenn sich jemand sexuell belästigt fühlt, sollte sie/er sofort und bestimmt sagen, dass sie/er das Verhalten nicht wünscht. Wenn die Belästigung einfach ignoriert wird, kann dies als stille Zustimmung aufgefasst werden. Allerdings kann es schwierig sein, den Unmut klar zu äussern, wenn es sich um eine vorgesetzte Person handelt. Deshalb bietet die Universität Basel Betroffenen die Möglichkeit, sich an sogenannte Ansprechspersonen zu wenden und sich über die Handlungsmöglichkeiten zu informieren. Sie haben auch Anspruch auf Beratung und Abklärung des Sachverhaltes durch mich als derzeit untersuchende Person an der Universität Basel. Im Reglement über den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und im Studium an der Universität Basel sind diese Grundsätze dargelegt. Das Reglement findet sich auf der Website der Universität.
Wie verhalte ich mich als Aussenstehender?
Sprechen Sie die betroffene Person an und ermutigen Sie sie, die unerwünschte Handlung zurückzuweisen und informieren Sie über die Hilfe durch die Ansprechpersonen oder die untersuchende Person. Sie können sich beispielsweise als Zeuge zur Verfügung stellen und die Person unterstützen, dass sie sich an die eben erwähnten universitätsinternen dafür geschulten Personen wendet.
Was passiert, wenn ich als Betroffener auf Sie zukomme?
Ich versuche vorerst den Sachverhalt zu ergründen und mit der betroffenen Person zu besprechen, welche Hilfe und Unterstützung sie benötigt. Ich biete ihr zum Beispiel an, dass ich mit der belästigenden Person ein Gespräch führe oder mache sie auf die Möglichkeit aufmerksam, dass ich eine Untersuchung durchführen kann, wenn sie dies wünscht. Dabei ist meine Aufgabe, den Sachverhalt zu ermitteln und das Abklärungsverfahren durchzuführen und mit den beteiligten Personen zu sprechen. Ich kann der betroffenen Person auch psychologische oder psychiatrische Beratung vermitteln. Je nach Ausgang des Abklärungsverfahrens beantrage ich Massnahmen entsprechend der Schwere des Fehlverhaltens, dies kann in schweren Fällen Entlassung oder Exmatrikulation sein. Ganz wichtig zu erwähnen ist, dass die Verfahren kostenlos sind und die Ansprechspersonen sowie die untersuchende Person der Vertraulichkeit unterstehen.
Welche Strafen erwarten Täter?
Die Belästiger müssen wie erwähnt mit Massnahmen rechnen, welche sich nach dem Rechtsverhältnis richten, welches zwischen der fehlbaren Person und der Universität besteht, was von Unterstützungsmassnahmen über Verwarnung bis Entlassung respektive Exmatrikulation reichen kann. Es kann auch an ein Hausverbot gedacht werden. Die betroffene Person kann auch ein Strafverfahren wegen sexueller Belästigung gegen die belästigende Person einleiten. Dieses Verfahren wird dann aber von der zuständigen Staatsanwaltschaft geführt und führt zu einer Bestrafung. Da es sich bei der sexuellen Belästigung gemäss Art. 198 Strafgesetzbuch um ein sogenanntes Antragsdelikt handelt, muss die betroffene Person innert 3 Monaten seit der (letzten) Tatbegehung Strafantrag stellen. Dieses Verfahren wird aber völlig unabhängig vom universitätsinternen Verfahren geführt. Man kann natürlich auch beide Verfahrenswege beschreiten.
Zum Schluss: Wie schätzen Sie die momentane Kampagne gegen sexuelle Belästigung ein?
Es ist sehr wichtig, dass klar gesagt wird, dass sexuelle Belästigung an der Universität nicht toleriert und mit Sanktionen geahndet wird. Wenn Dozierende bemerken, dass eine Studentin oder ein Student belästigt wird, sollen sie dies ansprechen und über die universitätsinterne Beratungsmöglichkeit informieren. Ich bin sehr froh, dass derzeit die Sensibilisierungskampagne läuft und die Betroffenen ermutigt werden, sich zu wehren und Hilfe zu holen.
Mehr Informationen zum Thema „Sexuelle Belästigung“, einen Leitfaden und andere Ansprechpersonen findet ihr hier: www.unibas.ch/belaestigung
2 Kommentare
Mi, 12. April 2017 / 15:40 Uhr
Das Wichtigste wäre, bei der aktuellen Kampagne mal auf die Kommasetzung zu achten. Aber wenn sich die neue Rektorin gleich zum Gespött aller machen will, dann hat sie mit dieser lächerlichen Aktion wohl voll ins Schwarze getroffen! :D
Mi, 12. April 2017 / 15:51 Uhr
In der Plakatkampagne wurde versucht, die Interpunktion (der Punkt fehlt ja auch) mit der Gestaltung zu umgehen und bei uns hat sich ein Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen, den wir jetzt korrigiert haben. Die Rektorin trifft dabei keine Schuld. Sie hat in ihrer Mail das Komma an der richtigen Stelle gesetzt ;)