Von YouTube bis zum Liveticker: Quellen für eine Coronavirus-Recherche

Die Häufigkeit schwerer depressiver Symptome habe sich fast verdreifacht in der Zeit des Lockdowns, so die Resultate einer Umfrage, die gestern von der Universität Basel kommuniziert wurden. Um Stress zu reduzieren, solle man nur ein bis zwei Mal am Tag Corona-News konsumieren. Ich denke, man soll nicht nur weniger, sondern auch das Richtige konsumieren. Aber was ist jetzt «das Richtige»?

Seit Januar beschäftige ich mich in den Tiefen des Internets mit dem Ausbruch des Coronavirus in Wuhan, von Whistleblowern bis zu Smartphone-Videos. Schon früh hatte ich das Gefühl, dass uns das wie ein Zug mitten ins Gesicht des Zeitgeistes treffen wird. Im Februar war ich eines Abends völlig gedankenverloren mit einem guten Freund unterwegs. Er hat es mir direkt angesehen: «Sag mal, wann hast du eigentlich das letzte Mal gut geschlafen?», «Vor ungefähr eine Woche», sagte ich. Und es stimmte: Ich recherchierte stundenlang, ganze Nächte hindurch. Irgendwann bin ich kaum noch aus dem Haus gegangen. Dass keine Pandemie von der WHO ausgerufen wurde, war mir ein absolutes Rätsel.

Irgendwann war es dann soweit, auch der letzte Mensch schien es verstanden zu haben: Grenzen wurden dicht gemacht, nationale Notstände aufgerufen. In einigen Ländern wurde die Lage ernster, andere hatten das Gefühl, gut vorbereitet zu sein. Ein bis zwei Mal am Tag die Nachrichten bezüglich Corona zu lesen, ist gar nicht so wenig, wie man denkt. Ich habe mich irgendwann entschieden, Abstand zu nehmen von der Thematik. Gefühlt hatte ich jede erdenkliche Spekulation in Form von Studien, Beiträgen, Interviews oder Augenzeugenberichten schon gelesen. Ob potentielle Wiedereintrittsmöglichkeiten wie den ADE-Mechanismus (Antibody-Dependent Enhancement), dem pathologischen Zytokinsturm bis hin zu den möglichen Virus-Eintrittsrezeptoren (ACE2) die durch x-beliebige Stoffe gehemmt/gesteigert werden können.

Die Erlösung kam durch die Entscheidung, den passiven Platz einzunehmen: Das zu machen, was ich gerade in meinem Umfeld tun kann. Mich mit anderen Tätigkeiten des Seins beschäftigen und den Lockdown nutzen, um nicht zu versauern, sondern um seelisch zu heilen. Viele sind gerade nervös, würden am liebsten jede Tür wieder aufreissen, in Restaurants gehen, Konzerte besuchen oder ans Meer fahren, doch kann man diese Zeit auch positiv nutzen. Die Welt ist so entschleunigt, wie seit Jahrzehnten nicht mehr und warum soll man diese Zeit nicht als eine Zeit der Besinnlichkeit wahrnehmen? Und nicht zuletzt: Nur News konsumieren, wenn nötig, und dabei auch «das Richtige».

Da man sich im Internet völlig verirren kann, ist es vielleicht besser, direkt einen guten Überblick zu haben. Wenn man sich einmal durchgekämpft hat, weiss man am Ende sehr viel und einem vergeht hoffentlich die Lust, sich täglich mit Covid-19 zu beschäftigen. Ich lese inzwischen nur noch ein bis zwei Mal die Woche etwas über den Coronavirus, da ich inzwischen weiss, wo ich an kurze Informationen gelange ohne umgehauen zu werden.

YouTube
Für alle, die weder die Expertise noch die Zeit haben, sich mit expliziten Studien (gerade wenn sie noch nicht peer-reviewed sind und man sie nur so hinnehmen kann) zu beschäftigen, für die kann YouTube eine sehr gute (und vor allem angenehm verdaubare) Quelle sein.

Die meiner Meinung nach wahrscheinlich beste Quelle für den herkömmlichen Internetbenutzer ist der YouTube Kanal Medcram von Dr. Roger Seheult, der als Lungenfacharzt in einem Krankenhaus selbst Covid-19 Patienten behandelt. Von Immunität, Prävention gegen SARS-Cov-2, guter Waldluft zur Stärkung des angeborenen Immunsystems bis hin zu allen möglichen biologischen Prozessen, die involviert sind – bei Seheult ist alles dabei. Mit einer unglaublichen Klarheit werden komplexeste Vorgänge verständlich gemacht und den Zuschauenden näher gebracht. Dieser Arzt hat jede, und ich betone, absolut jede Art der Aufmerksamkeit verdient.

Eine andere sehr gute, fast schon familiäre Quelle ist Dr. John Campbell aus Grossbritannien. Jeden Tag gibt es ein Video über die aktuelle Lage, manchmal in kleinen Ländern, manchmal im internationalen Überblick. Wie viele andere klärt Dr. Campbell seine Zuschauerinnen und Zuschauer über erfolgreiche Kombinationsstrategien wie gutes Contact-Tracing (z.B. Südkorea, zumindest bis Patient 31), der richtigen Benutzung von Masken oder Social-Distancing auf. Darüber hinaus kommentiert er politische Entscheidungen der Länder und zeigt mit seinen messerscharfen Analysen schnell gute und schlechte Vorgehensweisen.

Früher war sie schon bekannt im deutschsprachigen Raum und mit jedem Video wird sie noch bekannter: Die Chemiker- und YouTuberin Mai von maiLab. Mit ihrer lockeren Art klärt sie (gerade auch junge Menschen) über das Coronavirus auf. Ihr Video mit dem Titel «Corona geht gerade erst los» hat in Deutschland grosse Wellen geschlagen. Für viele ist es wahrscheinlich nicht vorstellbar, dass eine Krise dieser Grössenordnung Monate bis Jahre dauern kann. Sie hat Covid-19 völlig zurecht (nach einigen Experten) mit der spanischen Grippe verglichen und gleichzeitig gewarnt, die Sache auf keinen Fall zu locker zu nehmen.

Podcasts
Eigentlich höre ich eher selten Podcasts an, wenn dann Joe Rogan oder Lex Fridman. Aber im Zuge der Entwicklung in den letzten Wochen bin ich auch auf Cornavirus-Podcasts gestossen. Ein Beitrag ohne den Starvirologen und SARS-Mitentdecker Christian Drosten ist ein schlechter Beitrag. Er hat einen Podcast auf YouTube und auch auf Spotify, bei dem er mit NDR Info laufend Folgen produziert und absolut ehrliche und wissenschaftlich aktuelle Abhandlungen hält.

Kurze, knackige Folgen von BBC World Service fassen in fünf Minuten weltweite Coronavirus Nachrichten zusammen.

Liveticker
Viele kennen sicher die Seite der John Hopkins Universität mit internationalen Fallzahlen. Ich empfehle vor allem aber Worldometers für sehr aktuelle Zahlen und interessante (landesspezifische) Kurven und Statistiken (inklusive logarithmischer Plots) bezüglich der Pandemie. Wer neben nackten Fallzahlen auch an weiteren brandneuen Fakten interessiert ist, der kann sich auch die Twitterseite von BNO-News anschauen.

Weitere Quellen
Es sollte erwähnt werden, dass vieles wissenschaftlich noch lange nicht vollständig geklärt ist und dass das Meiste hier entweder Spekulationen oder Hypothesen sind. Diese können jedoch helfen, einen besseren Überblick über die Situation zu erhalten. Man sollte Folgendes also mit Vorsicht geniessen.

Das US-amerikanische CDC (Center of Disease Control) hat eine wunderbare Website mit allen möglichen Informationen bezüglich des Coronavirus, seit kurzem auch eine gute Anleitung, um Baumwollmasken einfach Zuhause herstellen zu können.

Nextstrain ist eine Website, bei der Forschungsgruppen aus der ganzen Welt ihre Daten sammeln, um in Echtzeit die genaue Mutationen des Virus zu verfolgen. Neben interessanten Karten kann man den (heute bekannten) exakten internationalen Verlauf der Ansteckung sehen.

Auch Wikipedia ist eine gute Quelle (entgegen der Meinung vieler Lehrerinnen und Lehrer). So gibt es einige, hochaktuelle Wikipedia-Einträge. Ob alte Medikamente die möglicherweise umfunktioniert werden können, neue Medikamente, die gerade untersucht werden oder auch über mögliche Impfstoffe.

Man kann sich im Internet über viele Wege schlau machen und gerade besonders ambitionierte Leserinnen und Leser können sich Studien durchlesen, der Zugang zu wissenschaftlichen Arbeiten ist gerade so öffentlich, wie noch nie zuvor: clinicaltrials.gov , preprints auf biorxiv.org und arxiv.org oder die Datenbank der WHO.

Wer immer noch nicht genug hat, kann anfangen, sich über bestimmte Schlagwörter schlau zu machen oder direkt nach Studien zu suchen: ACE2, Interleukin 6, ADE, Innate Immunity, Quercetin, Natural Killer Cells, Forest Bathing, Nicotine Covid, Vitamin D Covid, Intravenous Vitamin C (IVC), Actemra, Remdesivir, Hydroxychloroquine (Azithromycin, Zinc) …

Zum Schluss…
Neben der ganzen Pandemie und Recherche ist es auch gut, einen Schritt zurück zu nehmen, die Zeit mit der Familie zu geniessen, Hobbies zu entwickeln, für die man keine Zeit hatte. Hauptsache, gesund zu bleiben und gerade auf die Alten und Schwachen der Gesellschaft aufzupassen. Ich werde jetzt ein Buch lesen, für das ich keine Zeit hatte bisher: Georges Perec – Ein Mann der schläft.

Danial Chughtai

Der Versuch, absolute Erkenntnis zu erlangen, führte Danial Chughtai zum Physikstudium. Dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist, merkt er besonders abends um sieben - bei der vierten Tasse Kaffee. Wenn er nicht gerade ein neues Album hört, sich in fremde Vorlesungen verirrt oder überlegt auf Tee umzusteigen, ist er damit beschäftigt, seine Klamottenauswahl auf Vordermann zu bringen. Gerne vergnügt er sich mit den einfachen Dingen des Lebens; wenn's sein muss bei einem Roadtrip quer durch Europa.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar. Bevor dieser veröffentlicht wird, wirft noch jemand aus der Redaktion einen Blick darauf. Das kann ein bis zwei Arbeitstage dauern.
Ups. Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte versuche es noch einmal.