Von der Psychologie, eine Seminararbeit in 36 Stunden zu schreiben

Natürlich hast du deine Ausreden. Du musstest ja unbedingt in diesen Sprachaufenthalt. Du konntest deine Arbeit gar nicht früher schreiben! Und dass du ohnehin die zusätzliche Woche deiner Fristverlängerung verstreichen lassen hast, ist auch nicht deine Schuld. Jetzt gibt es aber kein Zurück mehr. Du musst deine Seminararbeit in 36 Stunden abgeben.

Wer seine Arbeit so weit hinausschiebt, könnte dafür anfällig sein, Abkürzungen zu suchen. So manche Studenten wissen sich mit Ritalin und/oder Amphetaminen zu helfen. Wenn man zehn Kreditpunkte bzw. ein weiteres Semester riskiert, erscheint das plötzlich durchaus als legitime Lösung. Die Gefahr dabei ist, dass das Flow-Erlebnis alles zu einfach macht und man deshalb immer wieder konsumiert. Da kann Aufhören plötzlich schwierig werden. Stell dir als Analogie vor, plötzlich ohne Kaffee studieren zu müssen. Unmöglich! Ich kenne sogar jemanden, dessen “Sucht” (ab wann von Sucht der Rede sein kann, ist eine Wertungsfrage) so weit fortgeschritten ist, dass er nur mit Amphetaminen Computer spielen oder mit Frauen flirten kann. Nee nee, das lässt man lieber sein.

Nun ist mühsame, harte Arbeit angesagt! Bei einer dermassen hohen Belastung wirst du einige psychologischen Veränderungen durchlaufen:

Verdrängung:
Es ist ja erst 14:00 Uhr vor dem Tag der Abgabe. Warum solltest du dich schon stressen? Du musst ja sowieso die Nacht durchmachen. Schau doch lieber erstmals die neue Folge South Park.

Zorn:
Mitternacht. Jetzt gilt es  ernst. Wie konntest du so dumm sein? Kraft durch Selbsthass!

Verhandeln:
04:00 Uhr. Wenn du dem Professor eine nette Email schreibst, gibt er dir ja vielleicht noch eine Verlängerung.

Depression:
08:00 Uhr. Deine Augenringe reichen bis zur Tastatur. Was für einen Sinn hat das alles? Wer bist du überhaupt? Hättest du doch einfach eine KV-Lehre gemacht. Dann hättest du bereits ein Auto und müsstest dir das alles nicht antun. Dein Leben ist doch sinnlos.

Akzeptanz:
10:00 Uhr. Du hast dir definitv zu viel vorgenommen. Endlich siehst du es ein und empfängst dein Scheitern unter leisen Tränen. Ein weiteres Semester Studium also… Doch plötzlich… Was findet sich da in deiner Inbox? Der Professor hat zurückgeschrieben! Er gibt dir noch bis Mitternacht Zeit! Jetzt schläfst du erstmals zwei Stunden, stehst wieder auf und schreibst das Ding zu Ende.

Du hast es geschafft! Nach zwei Tage Rehabilitationszeit wirst du aufwachen und realisieren, dass du nun ein anderer Mensch bist. Du bist durch die Hölle gegangen, um die Wandlung zum Magier der Produktivität zu durchlaufen, dessen Kräfte normale Menschen nicht verstehen können! Auch die Benotung ist angekommen: natürlich eine 5.5, denn unter Druck entstehen Diamanten. Entweder das, oder die Note wird verdienterweise ungenügend. Tja!

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