Unmögliches Theater

Bild: Felix Erb

Damian Schmid ist eher zufällig ins Unitheater hineingeraten. Eine Mitstudentin fragte ihn, ob er nicht an die offene Probe kommen wolle, er sagte zu und seitdem lässt ihn das Theater nicht mehr los. In seinem Gastbeitrag stellt er die Herbstsemester-Produktion «Der grosse Marsch» vor:

Eine schmale Gestalt steht im Scheinwerferlicht, die Beine fest in den kalten Betonboden gestemmt, die Arme ungelenk fuchtelnd, den Kiefer stur nach vorne gestreckt. Dunkle Augen blitzen aus dem von schwarzem Haar umrahmten Gesicht. Eine überraschend tiefe Stimme entweicht dem kleinen Mund.

«Es muss anders sein! Die Welt kann so nicht sein, sie kann so nicht bleiben, wir können doch nicht einfach sterben in dieser Ewigkeit, wir können uns nicht von der Zeit zum Sterben zwingen lassen, wir können uns doch nicht einfach umbringen lassen und das auch noch gut finden, und auch noch sagen: So ist es!»

Zusammengezogene Augenbrauen richten sich auf die Umstehenden, keinen Widerspruch duldend.

FREEZE!

Bevor jemand widerspricht, will ich euch etwas über das Unitheater erzählen:

Das Unitheater Basel ist ein junger Verein. 2014 von Studierenden ins Leben gerufen, hat er sich mittlerweile bestens in den Unibetrieb integriert. Jährlich finden zwei Produktionen statt, eine im Herbst und eine im Frühling.

Die anstehende Herbstproduktion ist bereits die zehnte des Unitheaters. Gemeinsam mit einer professionellen Regie, einer Szenographie und mithilfe eines Choreographen erarbeiten wir das Stück Der grosse Marsch von Wolfram Lotz. Das Stück haben wir basisdemokratisch ausgewählt. Das heisst, jeder kann Vorschläge bringen, alle Vorschläge werden diskutiert, und am Schluss entscheidet die Mehrheit darüber, was als nächstes gespielt wird.

Normalerweise versuchen wir, jedes Jahr an einem anderen Ort in Basel aufzutreten. Da dieses Jahr aber die Covid19-Pandemie dazwischenkam, war schnell klar, dass eine weitere Aufführung in der Lysbüchelhalle, die wir schon im letzten Herbst nutzen durften, die beste Option ist für uns. Vor allem, weil man dort aufgrund der Grösse der Halle die Abstandsregeln des BAG sehr gut einhalten kann.

Ausserdem müssen dieses Jahr alle Plätze bereits im Vorhinein reserviert werden, da wir auch auf Contact Tracing setzen. Trotz dieser Massnahmen bleibt bei uns eine gewisse Ungewissheit. Wenn jemand von uns erkranken würde, wäre das das Ende unserer Produktion. Wir haben uns aber entschieden, dass wir uns dadurch nicht vom Schauspielen abhalten lassen.

Bild: Felix Erb

Und hier sind wir beim Stück. In Der grosse Marsch geht es um Widerstand; darum, dass die vermeintliche Wirklichkeit nicht einfach akzeptiert werden muss. Zumindest nicht auf der Bühne. Denn diese ist, jedenfalls für den Autoren Wolfram Lotz, ein Ort der Unmöglichkeit. Auf der Bühne müssen wir uns nicht der Wirklichkeit beugen, im Gegenteil, Lotz fordert regelrecht dazu auf, das Unmögliche zu versuchen. So formuliert er im Stück undurchführbare Regieanweisungen und wenn man das Stück inszeniert, ist man gezwungen, sich gegen den Autoren aufzulehnen, da man kaum alle seine Regeln befolgen kann. Dass der Versuch, das Unmögliche zu schaffen, zumeist mit Scheitern verbunden ist, ist Lotz bewusst.

Das Stück heisst schliesslich auch Der grosse Marsch und nicht Die grosse Ankunft. Somit wird das Versuchen selbst ins Zentrum gestellt und nicht unbedingt das Gelingen. Und dafür, dass das Gelingen nicht leicht wird, sorgt Lotz schon zu Beginn des Stücks, als er sein Ziel formuliert: den Tod zu überwinden.

STOP THE FREEZE!

Dunkelblondes Haar, schulterlang. Den Stab in der Rechten. Schweiss im Gesicht. Heroische Pose.

«Verstehen Sie denn nicht? Die Götter… oder Gott… also wie auch immer… jedenfalls: Die haben uns das Leben blockiert! Die haben uns einfach das Leben blockiert!

Aber ich nehme das nicht mehr hin! Ich lasse mich nicht mehr umbringen! Ich weiß es nämlich jetzt! Ich weiß es jetzt: Die haben einen Fehler gemacht! Sie haben nämlich…»


Tickets reservieren auf: unitheater.ch

Vorstellungen:
24.-26. September
01.-03. Oktober
Jeweils Do, Fr und Sa um 20 Uhr.

Aufführungsort:
Lysbüchelhalle, Lysbüchelstrasse 400 (vis-à-vis Schmoll AG), 4056 Basel

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