Studentin Soonmin über das südkoreanische Bild des deutschsprachigen Raums und warum sie trotzdem in Seoul Germanistik studiert – der letzte Teil unserer sommerlichen Koreatrilogie
Von Basel bis Seoul wird Kulturwissenschaftsstudierenden stets dieselbe Frage gestellt: «Was willst du später überhaupt damit machen?» Der Südkoreanerin Soomin geht es da nicht anders. Sie studiert an der Universität Seoul ausgerechnet Germanistik. Wie sie auf diese Idee gekommen ist, erfahren wir im Interview.
Wie kam es dazu, dass du ausgerechnet Germanistik studierst?
Ich finde die deutsche Aussprache ziemlich cool. In Korea lernen die Leute meistens nur Englisch oder Französisch. Ich wollte aber etwas Eigenes machen. Ursprünglich wollte ich Philosophie studieren und Deutschland ist da eines der relevantesten Länder. Deshalb wollte ich Deutsch lernen. Ich hatte mich schon in Bücher des Studienfachs Philosophie eingelesen. Die waren jedoch nicht so, wie ich mir Philosophie vorstellte. Also wollte ich mich mehr in Richtung Literatur bewegen.
Wie nehmen die meisten Leute in Korea den deutschsprachigen Raum wahr?
Streng, schwierig, nicht besonders humorvoll und nicht so romantisch wie Frankreich. Ich glaube, dass man im deutschsprachigen Raum zwischenmenschlich ein wenig kälter als in Frankreich ist.
Wieso willst du denn da noch die Sprache lernen?
Ich möchte nach Deutschland ziehen, weil ich neben der Philosophie auch die Landschaft und das Klima sehr mag. Es geht mir nicht unbedingt darum, neue Freunde zu finden. Also, eigentlich schon, aber ich bin in dieser Hinsicht sowieso ein vorsichtiger Mensch, weil alle Menschen ja sowieso im Kern anders sind.
Kennst du die Schweiz auch ein wenig?
Nur wenig. Ich weiss, dass der FC Basel Schweizer Meister wurde. Das Jungfraujoch ist auch sehr berühmt. Sonst weiss ich nur, dass die Hauptstadt Bern ist und dass es dort viele teure Uhren, Schokolade, vier Sprachen und eine eigene Währung gibt.
Wie reagiert dein Umfeld, wenn sie von deinem Germanistikstudium erfahren?
Erst sind die Leute überrascht und dann fragen sie mich, wozu ich das denn mache. Die meisten in meinem näheren Umfeld wissen aber, dass ich gut Sprachen lernen kann und haben deshalb Verständnis. Wenn ich aber weniger talentiert wäre, würden sie mir sagen, dass ich lieber Wirtschaft studieren sollte. Etwas, womit man Geld verdient. Sprache und Literatur ist ja nicht allzu praktikabel und in Korea ist man der Meinung, dass das Studium auch zum Job führen sollte. Weil alle viel Geld verdienen wollen, sind Wirtschaft und Medizin am beliebtesten.
In der Schweiz ist es bei den Kulturwissenschaften ähnlich. Was möchtest du denn am liebsten beruflich machen?
Ich möchte gerne Dichterin werden. Ich schreibe schon seit einer Weile Gedichte.
Hast du das bereits auf Deutsch probiert?
Nein, ich studiere ja erst seit einem Semester. Ich möchte das aber irgendwann. Mein Lieblingsdichter ist Wolfgang Borchert.
Die zwei weiteren Teile unserer Korea-Trilogie:
Seoul, das Berlin Asiens
In Korea Englisch unterrichten