Neben den altbekannten Vorlesungen sind für uns Medizinstudierende praktische Erfahrungen besonders wichtig. Schliesslich ist unser Studium fast wie eine Berufslehre auf ein festes Tätigkeitsfeld ausgerichtet: Die Gesprächs- und Untersuchungstechniken, die wir im Laufe unserer Studiums lernen, werden wir in Zukunft auch wirklich brauchen. Einen Inhalt in einer Vorlesung gehört und für die Prüfung gelernt zu haben, heisst noch lange nicht, dass man das Gelernte dann auch wirklich in der Praxis einsetzen kann – leider! Da hilft nur stetiges Üben. Umso besser, dass im vierten Jahr das Hausarztpraktikum auf unserem Stundenplan steht.
Jeden Dienstagnachmittag mache ich mich also auf den Weg in mein Einzeltutoriat, wie wir es nennen. Einzeltutoriat, weil jeder Student seinen eigenen Tutor hat, den er über ein ganzes Jahr wöchentlich in der Praxis besucht.
Zuerst zuschauen, dann selber üben
Zu Beginn des Jahres habe ich meistens daneben gesessen und zugeschaut, wie mein Tutor seine Patienten befragt und untersucht. Das ist spannend, denn jeder erfahrene Arzt entwickelt im Laufe seiner Karriere seine eigenen Vorgehensweisen.
Mittlerweile führe ich, wenn die Patienten damit einverstanden sind, selber die Anamnese (Befragung) und Untersuchung durch. Ich überlege mir dann, welche Informationen und Befunde für eine Diagnose relevant sind und erhebe diese gezielt. Danach stelle ich die Patienten meinem Tutor vor, wir überlegen uns die richtige Diagnose und er entscheidet dann über das weitere Vorgehen und die Therapie.
Vielseitige Hausarztmedizin
Ich empfinde das als grosse Herausforderung, weil man nie weiss, mit welchem Leiden der nächste Patient in die Praxis kommt. Man muss also immer alle Gebiete einigermassen präsent haben. Dazu stellen sich Fragen, an die man während dem Lernen in der Bibliothek gar nicht denkt. Was ist, wenn eine Asthmatikerin eine hartnäckige Erkältung hat? Muss ich den Infekt jetzt anders behandeln als bei einem Patienten, der sonst gesund ist? Genau diese Aspekte und die Vielfalt der Themen, mit denen man konfrontiert wird, machen die Hausarztmedizin zu einem sehr spannenden Fach.
Eins-zu-eins-Teaching
Das Privileg des Eins-zu-eins-Unterrichts geniessen wahrscheinlich nicht viele andere Studierende an unserer Uni. Man lernt wirklich unglaublich viel, wenn man jemanden hat, der neben einem steht und einen fortlaufend korrigieren kann. Wahrscheinlich wird das in meiner zukünftigen Laufbahn nicht mehr so oft vorkommen.