Das Leben, wie wir es kannten, gibt es seit bald einem Jahr nicht mehr. Für einige Menschen ist diese Umstellung schwierig. Ich habe mit Prof. Dr. Jens Gaab über den psychologischen Corona-Support der Universität Basel gesprochen und stelle euch das Angebot vor.
Forschende der Universität Basel haben herausgefunden, dass das Stress-Level der Menschen in der zweiten Covid-19-Welle signifikant zugenommen hat. Während im April noch 11 Prozent angaben, sich gestresst zu fühlen, waren es im November fast doppelt so viele.
Zu den Faktoren für das aktuelle Stress-Empfinden gehören beispielsweise Änderungen in der Schule oder bei der Arbeit. Dazu kommen finanzielle Probleme oder gar Zukunftsängste. Nicht zuletzt haben die Menschen auch Angst, jemand aus dem engen Familienkreis würde an Corona erkranken.
Die Fakultät für Psychologie hat sich dieses Problem zu Herzen genommen und eine eigene Website für die Unterstützung während der Pandemie lanciert. In den psychologischen Zentren der Universität Basel werden schon seit geraumer Zeit kostengünstige Beratungen angeboten. Als Corona aufkam, war für die Fakultäts-Mitarbeitenden klar, dass sich dies auf die psychische Gesundheit auswirken würde.
Die Anliegen sind vielfältig
Das Angebot, welches man bei den universitären psychologischen Diensten nutzen kann, ist für Corona-Anliegen kostenlos. Als sich im Herbst abzeichnete, dass mit einem weiteren Lockdown gerechnet werden muss, war für das Team klar, dass sie es mit einem vermehrten Bedarf an psychologischer Unterstützung rechnen muss. Zumal die Studierenden von Zuhause aus lernen mussten und nicht einmal mehr an der Uni sein konnten und kaum Kontakt zu Mitstudierenden hatten.
Die Pandemie hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, so ist es auch kaum erstaunlich, dass die Anliegen der Studierenden ganz unterschiedlich ausfallen. «Wir haben finanzielle Schwierigkeiten aber auch Einsamkeit herausgespürt», sagt Prof. Dr. Jens Gaab, der Dekan der Fakultät für Psychologie. Ein Jahr sei für solch schwerwiegende Umstellungen relativ lange. Er ergänzt: «Gerade Leute, die im ersten Semester sind oder die nicht aus Basel kommen, haben Mühe.» Zudem wirke sich die Pandemie auch auf Leute aus, die zuvor schon psychische Probleme hatten. Solche Erkrankungen werden durch die schwierige Lage noch verstärkt.
Auch kann der Unterricht in dieser Form nicht die komplette Erfahrung bieten. «Das Studium ist nicht nur Ausbildung, sondern ein Lebensabschnitt. Da passiert viel Soziales und Zwischenmenschliches», sagt Gaab. Dies könne jedoch aktuell wegen der Pandemie nicht stattfinden. Denn viele Studierende im Bachelor-Studium haben beinahe keine sozialen Kontakte zu Mitstudierenden.
Manchmal reicht ein einziges Gespräch
Aber wie funktioniert es denn nun, wenn ich psychologische Beratung beanspruchen möchte? Jens Gaab erklärt: «Wir bekommen eine Anfrage per E-Mail mit dem Stichwort ‹Corona-Support›. Auf der Website kann man sich das Team anschauen und auswählen, mit wem man sprechen will. Darauf folgt der erste Dialog mit der betreffenden Person.»
«Manchmal reicht tatsächlich ein Gespräch. Aber manchmal sagen wir auch, wir machen weiter und sprechen beispielsweise fünf Mal miteinander», führt er aus. Wenn nur eine bestimmte Situation erörtert werden soll, so können zwei bis drei Beratungen durchaus helfen.
Ergänzend können Entspannungs-Trainings oder Kurse zum Pflegen von sozialen Kontakten besucht werden. Denn für das geistige Wohlbefinden sind Erholung sowie auch zwischenmenschliche Kontakte extrem wichtig. Bisher hat das Team laut Gaab «zwischen 40 und 80 Anfragen für den Corona-Support erhalten». Die Nachfrage ist da und so hätten sich viele interessante Gespräche ergeben.
Jeder merkt selbst, was ihm hilft
Konkrete Tipps kann der Experte keine geben. Schliesslich ist jede Person anders. Gaab ist aber überzeugt, «dass jeder Mensch selbst merkt, was ihm hilft». Ob dies nun körperliche Aktivität, ein strukturierter Alltag oder Zeit in der Natur ist, muss jeder selbst herausfinden.
«Und wenn es zu schwierig wird, sollte man mit jemandem sprechen», rät der Psychologe. Schliesslich seien wir soziale Wesen und brauchen den Austausch. Wenn das jedoch auch nicht mehr hilft, so sei der Corona-Support eine gute Möglichkeit sein Anliegen anzusprechen und zu sagen: «Ich brauche Hilfe.»
Für die Zukunft wünscht sich Jens Gaab, dass die Corona-Situation irgendwann vorbei ist: «Ich bin Zoom-müde, so zu sagen ausgezoomt.» Ich vermute, da ist er nicht der Einzige. Neben dem Corona-Support der Fakultät für Psychologie gibt es auch weitere ergänzende Angebote. Dazu gehört die Studienberatung, der Online-Unisport oder auch das Career Service Center. Wenn du also in der aktuellen Situation Mühe hast, so zögere nicht, diese Hilfeleistungen zu beanspruchen.