Freunde finden, Teil zwei

Die Geschichte mit dem Gärtner

Stimmt, so einfach ist es nicht, die passenden Leute kennen zu lernen, speziell wenn man Geisteswissenschaften studiert. Und manchmal steht man sich zusätzlich auch noch selber im Weg. So wie ich damals, als ich Nicola kennengelernt habe:

Es gibt ja Leute, die will man gar nicht unbedingt kennenlernen. Man bemüht sich nicht um ein Gespräch, weil man vermutet, dass der andere einem sowieso nicht versteht, wenn man seine Lieblingsgeschichte zum Besten gibt (zum Beispiel die, als wir von Holland nach Belgien trampen wollten und nachts nicht mehr weitergekommen sind und uns dann ein LKW-Fahrer aus Istanbul in seiner LKW-Küche Abendessen gemacht hat, Rührei, Brot, Schafskäse und Oliven, und wie wir die dann auf der Ladefläche seines Lastwagens auf einer Holzpalette übernachtet haben und bei 0° Celsius bis auf die Knochen gefroren haben), sondern bloss den Kopf schüttelt und fragt, wieso man denn nicht den Zug genommen hätte.

So ähnlich war das bei Nicola, das gegenseitige Interesse war klein. Wir waren dann aber gezwungen uns zu unterhalten, wir mussten gemeinsam auf einen Prof warten, um als Zweiergruppe eine mündliche Prüfung abzulegen. Vermutlich ging es um die Geschichte der Eisenbahn oder so. Der Prof hatte aus irgendeinem Grund Verspätung und wir warteten etwa eine Stunde vor seinem Büro. Am Anfang unterhielten wir uns bloss aus Höflichkeit. Es ist ziemlich unangenehm, zusammen auf der Treppe zu sitzen und kein Wort zu sagen. Der Rest von unserem Gespräch wurde aber richtig interessant: Nicola ist nämlich gelernter Gärtner und ich selber kann mich sehr für selbst angebautes Gemüse begeistern. Er kennt sich aus mit alten Tomatensorten, weiss wie man ein Hochbeet anlegt und kann einem helfen, dass Essbare vom Unkraut zu unterscheiden.

So ist das, endlich habe ich einen Kommilitonen gefunden, mit dem ich mich über Kompost unterhalten kann. Und wir hätten uns schon viel früher kennengelernt, würde ich mich nicht von ersten Eindrücken leiten lassen.

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