Blustammzellenspende – da denken viele an Schmerzen und Gefahr und machen lieber einen grossen Bogen herum. Das studentische Projekt Marrow versucht Menschen, die Angst zu nehmen und über die Blutstammzellenspende aufzuklären. Cédric Stoll, Präsident von Marrow Basel, hat mir erklärt, wie man sich selbst ein Herz fassen und ein Leben retten kann!
Cédric Stoll, ein enthusiastischer Medizinstudent im fünften Semester, sitzt mir in einem kleinen, mit medizinischen Modellen voll gestellten Zimmer gegenüber. Er ist etwas besorgt darüber, dass er ein Interview führen muss, denn er ist erst seit einem knappen Jahr Präsident des Projekts Marrow in Basel. Doch sobald ich anfange, ihn über das Projekt Marrow zu löchern, ist die anfängliche Nervosität verflogen. Seine Augen leuchten und die Worte sprudeln nur so aus seinem Mund. Man sieht, er ist mit Herzblut dabei.
Behnoush Babzani riecht Blut
Das Projekt Marrow hat seinen Ursprung in England. Behnoush Babzani erkrankte 2003 an einer aplastischen Anämie und benötigte eine Blutstammzellentransplantation. Glücklicherweise war ihr Bruder ein perfekter Spender, weshalb sie dank der Transplantation wieder genesen konnte.
Während ihrer Behandlungszeit hatte sie Kontakt mit anderen an Leukämie oder speziellen Immunsystemerkrankungen leidenden Patienten. Sie waren ebenfalls auf eine Blutstammzellentransplantation angewiesen, hatten aber leider nicht alle so ein grosses Glück im Unglück hatten wie Babzani selbst. Es gab keinen ‚Match‘ – und damit keine Chance aufs Weiterleben.
Die Wahrscheinlichkeit, einen perfekten Spender zu finden, ist klein und mit der Spezifität einer Organspende durchaus vergleichbar. Vor allem für Menschen, die ohne Geschwister aufwachsen, ist die Aussicht auf eine Spende gering. ,,Geschwister sind zu einer Wahrscheinlichkeit von 25% kompatibel, während Eltern oder umgekehrt die Kinder niemals als Spender in Frage kommen. Projekt Marrow kämpft dafür, dass möglichst jeder einen Spender finden kann“, meint Cédric und bezieht sich damit auf die Vision von Bahnoush Babzani, als sie das Projekt ins Leben rief. Um etwas gegen genau diese massiven Missstände zu tun, gründete Behnoush Babzani das Projekt Marrow, welches all jenen gewidmet ist, die gegen ihre Krankheit gekämpft, aber aufgrund fehlender Spender keine Heilung erfahren konnten.
Marrow Schweiz ist eine Studierendenorganisation mit verschiedenen Sektionen, wie zum Beispiel jene an der Universität Basel. Das Ziel von Marrow Schweiz ist es, möglichst viele Menschen über die Wichtigkeit von Blutstammzellenspenden zu informieren, sie dafür zu sensibilisieren und bestenfalls zu registrieren. Denn es gibt ein internationales Register, in welchem die Daten aller potentieller Spender aufgeführt sind und so mit jenen der erkrankten Patienten verglichen werden können. So könnte eine Spende aus der Schweiz das Leben eines Kindes in Mexiko retten.
In Basel versucht man mit unterschiedlichen Aktionen auf das Projekt aufmerksam zu machen, wie zum Beispiel einem Spendenlauf im letzten Frühling. Das gesammelte Geld fliesst teilweise an das SRK und teilweise direkt in das Konto des Projekts Marrow. Denn jede neue Registration zur Blutstammzellenspende kostet über hundert Franken und wird vom Blutspendezentrum übernommen. Gleichzeitig kann man sich am Spendenlauf dazu noch registrieren lassen, was das Hauptziel der ganzen Organisation ist. ,,Letzte Woche waren wir zwei Tage lang im Pharmaziezentrum und haben versucht so viele Passanten wie möglich zu registrieren“, erzählte Cédric und auch sonst seien sie mit Registrationsständen in der ganzen Umgebung Basel unterwegs. Hauptsache es seien viele Menschen in der Nähe, die man ansprechen kann.
Ruhig Blut!
Wir wissen alle, dass die Blutstammzellenspende für viele an Leukämie Erkrankte eine Chance auf Leben bedeutet. Bevor man sich aber registrieren lassen kann, stellt man sich so einige Fragen: Ist es nicht gefährlich Blutstammzellen zu spenden und schrecklich schmerzhaft dazu? Was ist, wenn ich mich beim Ernstfall nicht mehr traue?
Falls der Fall eintrifft, dass man ein perfekter Spender für einen Transplantationsbedürftigen wäre, was übrigens oftmals erst mehrere Jahre nach Registration oder gar nicht auftritt, wird man vom Spital angefragt, ob man immer noch bereit wäre zu spenden. Daraufhin folgt eine Gesundheitskontrolle, die Kompatibilität des Spenders und Empfängers wird nochmals überprüft, die Art der Spende wird besprochen und das Datum festgelegt. Falls man trotz der guten ärztlichen Betreuung kalte Füsse bekommen sollte, steht einem die Option immer offen, die Spende abzubrechen.
Es gibt zwei verschiedene Arten, wie man Blutstammzellen spenden kann: Entweder durch die gefürchtete Knochenmarkspende, wobei der Beckenkamm unter Vollnarkose mehrmals punktiert wird oder mittels einer peripheren Blutstammzellenspende. Dafür nimmt man während einer Woche Wachstumsfaktoren ein, welche die Blustammzellen aus dem Knochenmark herauslockt und in den Blutkreislauf bringt. Am Tag der Spende wird das Blut über einen Venenkatheter entnommen und durch eine Maschine, dem Zellseparator, geschleust, wo die Blutstammzellen herausgefiltert werden.
Der Rest des Blutes fliesst über einen zweiten Venenkatheter in den Körper zurück. Man kann praktisch zusehen, wie sich ein Beutel mit den eigenen Blutstammzellen füllt. Diese weitaus häufiger verwendete Methode wird ohne Narkose durchgeführt und bis auf Grippesymptome, welche durch die Wachstumsfaktoren hervorgerufen werden, spürt man keine Nebenwirkungen. Die entnommenen Blutstammzellen kann ein gesunder Körper schnell wieder regenerieren und auch die Schmerzen im Beckenbereich, die man aufgrund einer Knochenmarkspende haben kann, halten sich in Grenzen. ,,Die spürbaren Folgen einer Blutstammzellentnahme auf den Spender sind gering. Um ein Menschenleben zu retten, würde ich noch viel weiter gehen,“ kommentiert Cédric Stoll.
Die Registration selbst ist eine sehr unkomplizierte Sache: Man muss einen Fragebogen ausfüllen und es werden vier Abstriche mit einem Wattebäuschchen an der Mundschleimhaut entnommen. Fertig. Wer nun nicht auf den nächsten Registrationsstand von Marrow Basel warten möchte, kann sich kostenlos ganz einfach im Internet dafür anmelden, woraufhin die Ausrüstung und Anleitung für die Abstriche zu einem nach Hause geschickt werden.
Mittlerweile verzeichnet das Projekt Marrow in Basel 39 Mitglieder, die zusammen der Leukämie den Krieg erklären. Es finden auch soziale Veranstaltungen wie zum Beispiel ein Weihnachtsessen statt. Auf die Frage hin, was man als Aussenstehender für das Projekt tun könnte, antwortet Cédric: ,,Natürlich kann man immer Geld spenden, aber ich weiss, dass viele Studierende diese Möglichkeit nicht haben. Sich für das Thema zu interessieren, ist bereits ein grosser Schritt vorwärts. Es gibt uns auch bei Facebook, da bleibt man immer auf dem neusten Stand. Wir sehen es natürlich sehr gerne, wenn jemand noch einen Schritt weitergehen möchte und sich sogar registrieren lässt. Das wäre phänomenal!“ Gegen tatkräftige, neue Mitglieder habe er auch nichts einzuwenden. Be a match, save a life.