100 Prozent erneuerbar? – Welcher Strom kommt wirklich aus unseren Steckdosen?

Die fossilen Energieträger sind endlich. Daran gibt es keinen Zweifel. Gleichzeitig ist auch klar, dass der Energiebedarf weiter steigen wird. Die erneuerbaren Energien als Lösung des Problems scheinen da unumgänglich. Die Industriellen Werke Basel (IWB), die den Strom für die Basler Haushalte und auch für die Universität Basel liefern, geben an, ihren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Was heisst «100 Prozent erneuerbar» in diesem Fall genau und was bedeutet es für den Umgang mit unserem Stromkonsum?

Die Universität Basel hat im Jahr 2015 insgesamt 27’515 MWh Strom verbraucht und dafür rund 4,8 Millionen Franken ausgegeben. Der Stromverbrauch entspricht in etwa einer Gemeinde wie Füllinsdorf (BL) mit rund 4’402 Einwohner. Für das Jahr 2015 hat die Universität Basel auch Zahlen erhoben, um festzustellen, welches Gebäude wieviel Strom pro Quadratmeter verbraucht. Mit 0,38 MWh pro Quadratmeter weist die Mattenstrasse 28, wo sich ein Teil des Departements Biomedizin befindet, den höchsten Wert auf. Für den Vergleicht: In einem Einfamilienhaus werden rund 0,038 MWh pro Quadratmeter im Jahr verbraucht.

Energiekennzahlen (in MWh/m2) der zehn Gebäude mit dem höchsten absoluten Stromverbrauch.»

Energiekennzahlen (in MWh/m2) der zehn Gebäude mit dem höchsten absoluten Stromverbrauch.»

 

100 Prozent erneuerbar – 100 Prozent Eigenproduktion

Ihre Stromrechnungen bezahlt die Universität Basel bei den IWB und diese werben damit, 100 Prozent erneuerbaren Strom zu verkaufen, der zudem zu 100 Prozent aus eigener Produktion stammt.

Da es aber ein europaweites Stromnetz gibt, in das die einzelnen Kraftwerke die Energie einspeisen und die einzelnen Verbraucher die Energie wieder beziehen, werden die Drucker in der UB nicht wirklich mit dem Strom, den die IWB produziert, betrieben.

„Trotzdem verspricht die Werbung der IWB nichts Falsches,“ sagt Hannes Weigt, Professor für Energieökonomie am WWZ und erklärt das System des Stromnetzes mit einem anschaulichen Vergleich. „Der Lohn, den mein Arbeitgeber auf mein Konto bezahlt, hat bestimmte Eigenschaften, die Währung, den Betrag; angenommen, mein Arbeitgeber bezahlt den Lohn in bar bei der Bank ein, verwendet er dafür bestimmte Geldscheine. Die Geldscheine, die ich vom Automaten bekomme, wenn ich Geld abhebe, sind nicht die selben. Das System mit dem Strom verläuft ähnlich. Die IWB laden auf ihr Konto nur Strom aus erneuerbaren Energien. Was die einzelnen Konsumenten in Basel dann beziehen, ist aber der Strom, der gerade im Stromnetz ist, so wie die Geldscheine, die gerade im Automaten liegen.“

In anderen Worten bedeutet das: Die IWB produzieren so viel (eigentlich sogar mehr) Strom mit erneuerbaren Energien, wie in Basel benötigt wird. Dies tun sie allerdings nicht in der Region und auch nicht nur in der Schweiz. Die IWB hat Anteil an Wasser-, Solar- und Windkraftwerken in der Schweiz und in Spanien, sowie seit kurzem an Windparks in Deutschland und Frankreich. Mehr als 90 Prozent der Energie wird dabei  von Wasserkraftwerken produziert. Der Rest von den „neueren“ erneuerbaren Energien.

Reflektierter Umgang mit dem Energiekonsum
„Nur weil der Strom aus verantwortungsvollen Quellen kommt, heisst das aber noch nicht, dass wir ihn masslos verbrauchen sollten,“ findet Anna Oetinger. Sie ist Mitglied bei SDUBS, von dem Lisa Cronjäger hier letzte Woche ausführlich berichtet hat und der Meinung, dass wir unseren gesamten Energiekonsum überdenken sollten. „Auch die Kraftwerke der erneuerbaren Energien werden aus endlichen Rohstoffen gebaut. Erst wenn wir ein kompostierbares Kraftwerk haben, das Strom aus erneuerbarer Energie herstellt, müssen wir uns vielleicht keine Gedanken mehr über unseren Stromkonsum machen,“ sagt sie.

Auch die Universität Basel ist mit zahlreichen Projekten bestrebt, den Stromverbrauch zu minimieren. Mit dem Projekt «schalt aus!» beispielsweise hat die SDUBS in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WWZ) die Mitarbeitenden dafür sensibilisiert, auf ihren Stromkonsum zu achten und ihnen Optionen aufgezeigt, wie sie diesen einfach verringern können. So wurde die Möglichkeit geschaffen, 1296 kWh pro Arbeitsjahr einzusparen. Ein wesentlicher Punkt war bei diesem Projekt die Bildschirmhelligkeit der Bürocomputer. Wird diese verringert, kann schon viel Strom gespart werden. Auch in der Universitätsbibliothek wurde eine „Schalt aus!“-Analyse durchgeführt und die Reduzierung der Bildschirmhelligkeit empfohlen.

Aber auch die anderen Gebäude sollen mit immer weniger Strom betrieben werden. Müssen Beleuchtungselemente ersetzt werden, wird auf LED-Technik umgestellt und die Beleuchtungssteuerung wird neu mit Bewegungsmeldern reguliert. Diese Massnahmen gelten für alle Gebäude der Universität.

Nützliche Links
Wer sich einen Überblick über die komplexen Strukturen der Energieökonomie verschaffen will, besucht am besten die Vorlesung von Professor Hannes Weigt. Sie besteht aus zwei Teilen und findet dieses Semester dienstags von 12:15 bis 14 Uhr statt.

Steckst Du selber voller Ideen und möchtest Dich gerne einbringen? Dann ist BOOST vielleicht das Richtige für dich: BOOST ist ein Programm zur Förderung von Studierendenprojekten rund ums Thema Nachhaltigkeit an der Universität Basel.

Unter der Rubrik «Mein Beitrag» stellt die Fachstelle für Nachhaltigkeit nützliche Tipps zum Stromsparen und einen Footprintrechner vor.

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