Wie ein studentischer Verein Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund unterstützt

Der Verein beraber Basel hat sich zum Ziel gesetzt, die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu erleichtern. Den Hebel sehen die engagierten Studierenden in der Schul- und Ausbildung. Für seinen Gastbeitrag hat sich Master-Student und Vorstandsmitglied Ozan Yildirim zum Gespräch mit Solange Ullrich getroffen. Die beraber-Nachhilfelehrerin berichtet über die Wurzeln, die Früchte und auch die Herausforderungen ihres soziales Engagements:

Das Studium wird oftmals als die schönste Zeit im Leben beschrieben. Es bietet die Gelegenheit, spannende Seminare zu besuchen, sich während der Prüfungsphase mit Freundinnen und Freunden über eine anstehende Klausur zu beschweren, für die man sowieso nicht gelernt hat, oder hitzige Diskussionen über die Aktualität von Karl Marx und seiner Kapitalismuskritik zu führen – einfach nur traumhaft! Das Studium bietet ebenfalls die grosse Chance, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, um sich bestmöglich auf das Leben nach dem Abschluss vorzubereiten. Die Art des Sammelns von Erfahrungen kann dabei verschiedene Formen annehmen: Nebenjobs, Praktika, Studentischen Vereinigungen oder aber auch soziales Engagement.

Der Verein beraber Basel bietet nachhaltigen Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an, wobei die Lehrkräfte Studierende aus der Region Basel sind. Das Credo des Vereins lautet «Integration durch Bildung», da für eine nachhaltige und effektive Integration eine gute Aus- und Weiterbildung unerlässlich ist. Soweit so gut, hört sich unglaublich spannend an, doch was steckt genau dahinter? Das frage ich Solange Ullrich, Studentin der Politikwissenschaften und Nahoststudien sowie Nachhilfelehrerin bei beraber:

Solange zeigt sich gleich zu Beginn des Gesprächs engagiert, selbstsicher und empathisch. Man merkt sofort, dass sie sich ihr Engagement zu Herzen nimmt. Neben dem Studium geht Solange unzähligen weiteren Tätigkeiten nach (Mir ist im Verlauf des Gesprächs mehrere Male buchstäblich die Kinnlade heruntergeklappt). Ihre Beweggründe, sich sozial zu engagieren, sieht sie vor allem in ihrer Kindheit: Da sie mit sechs Geschwistern aufwuchs und gleichzeitig die älteste Tochter war, kam ihr schon früh die Rolle einer Art Erzieherin zu.

Aufgrund des politischen und sozialen Engagements ihres Vaters konnte sie zudem erste Einblicke in den sozialen Bereich gewinnen. Durch ihre Studienauswahl intensivierte sich die Auseinandersetzung mit der Thematik. So hat sie zum Beispiel im Herbst 2018 im Flüchtlingslager Al-Azraq in Jordanien gearbeitet, was das Herunterklappen meiner Kinnlade erklären könnte. Schliesslich landete Solange über mehrere Stationen des sozialen Engagements bei beraber.

Solange erklärt mir, dass im Setting von beraber das Anbieten von Nachhilfe kein simples Unterfangen ist. Als besonders problematisch beschreibt sie die verschwimmenden Grenzen zwischen dem Status als Nachhilfelehrperson und gleichzeitig doch ein wenig mehr zu sein. Es kann auch sein, dass sie mitten in der Nacht mal einen Anruf von einer Schülerin oder einem Schüler bekommt. Die Fähigkeit, in solchen Situationen «Nein» sagen zu können, ist eine Herausforderung. «Es ist nicht immer leicht, eine gewisse emotionale Distanz zu bewahren», erzählt Solange. Daher würde Solange eine Tätigkeit bei beraber nicht direkt zu Beginn des Studiums empfehlen.

Mit einem nachdenklichen Blick beschreibt Solange ihre Rolle innerhalb mancher Familien als deutlich mehr als nur die einer Nachhilfelehrerin. Gerade für Schülerinnen und Schüler im Teenageralter nimmt Solange oft eine Vorbildfunktion ein. Sie fungiert als Ansprechperson bei Problemen, welche die Teenager nicht offen mit der eigenen Familie besprechen können oder wollen.

Unzählige Lachanfälle und doch auch sehr ernste Momente begleiten das Gespräch. Zum Schluss gibt Solange Studierenden, die sich sozial engagieren wollen, noch einige Ratschläge mit auf den Weg. Auch ich mache mir eifrig Notizen:

Solange hält es für unerlässlich, ein Bewusstsein für die eigene Situation und auch die eigenen Privilegien zu entwickeln. Ausserdem benötigt man im sozialen Bereich ein gewisses Mass an Geduld. Zudem sollte man möglichst sensibel und offen auf die Bedürfnisse und Probleme des Gegenübers reagieren können. Schliesslich kann sich das Umfeld, indem sie/er aufgewachsen ist, sehr vom eigenen unterscheiden.

Mein Fazit aus diesem überaus spannenden Gespräch: Soziales Engagement hört sich zunächst simpel an, ist aber hochkomplex. Doch es lohnt sich. Einerseits kann man so nachhaltige Beziehungen aufbauen und andererseits benötigte Hilfe anbieten.

Falls jemand sich für den Verein beraber Basel engagieren möchte oder sich generell für diesen interessiert, können auf der Website Informationen eingeholt werden. Für spezifische Fragen besteht auch die Möglichkeit, sich per Mail bei basel@beraber.ch zu melden.

3 Kommentare

  1. Christel Möller
    Mo, 6. Juli 2020 / 09:01 Uhr

    Ich ziehe den Hut vor den Studierenden, die sich neben ihrem Studium auf diese Art und Weise engagieren. Ein sehr schöner inspirierender Artikel.

  2. Julia
    Mo, 6. Juli 2020 / 11:52 Uhr

    Herzlichen Dank für diesen spannenden und wichtigen Artikel! Schön, dass sich Studierende für andere Studierende und Schüler*innen einsetzen!

  3. Ozan Yildirim
    Fr, 10. Juli 2020 / 13:58 Uhr

    Herzlichen Dank für die freundlichen Worte Christel und Julia.

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