Literatur im Wohnzimmer

Bild: Literaturhaus Basel

Es gibt Leute, die denken, man könne am Sonntagabend tollere Sachen machen, als Tatort zu schauen. Da trifft es sich gut, dass am kommenden Sonntag eine Sofa-Lesung stattfindet: Heinz Helle liest im Wohnzimmer einer WG an der Grenzacherstrasse.

Heinz Helle? Heinz Helle! „Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin“. Ein spektakuläres Buch, obwohl es ganz ohne Explosionen auskommt. Es geht um die Gedanken eines jungen Mannes. Er hat Philosophie studiert, ist also quasi Philosoph und lebt gerade in New York, um über Wahrnehmung und Bewusstsein nachzudenken. Er soll bald einen Vortrag zum Thema halten. Deswegen beobachtet er permanent seine eigene Wahrnehmung, denkt ständig darüber nach, worüber er gerade nachdenkt.

Ich habe Heinz Helle gefragt, ob er auch findet, dass sein Protagonist ein bisschen einen Knacks hat? „Ich denke, er hat einen Knacks. Und ich denke, dass er trotzdem zu einem gewissen Grad normal ist. Ich glaube, viele Menschen haben einen Knacks, die durch verschiedenste Dinge ausgelöst oder verstärkt werden können. Vor allem dadurch, dass man sich selbst und seine Arbeit zu ernst nimmt. Er neigt etwas zum Autismus, das stimmt. Für mich ist er aber vor allem Narzisst“.

Sein Narzissmus ist jedenfalls schlecht für die Beziehung und mit dem Vortrag kommt er auch nicht recht voran. Im Buch geht es dann einerseits um diese Beziehung, die auf der Kippe steht. Und andererseits geht es darum, wie man es schafft, sein Glück auch zu spüren, statt nur wissen, dass es da ist.

Mein Problem ist, ich liebe eine Frau, aber ich glaube, ich werde irgendwann aufhören, sie zu lieben und ich lehne eine Welt ab, in der das möglich ist

Ein komplexes Thema; die Geschichte liest sich trotzdem leicht, weil sie überraschend ist und vor allem weil der Protaognist ein guter Beobachter ist und Dinge ganz genau beschreibt, die man vielleicht selber auch kennt, aber noch nie benannt hat. Allerdings muss man am Sonntag ja gar nicht selber lesen, Heinz Helle liest. Auf die Frage, ob er gut vorlesen kann, sagt er, dass er auf jeden Fall gerne vorliest und dass man ihn auch ziemlich alles fragen kann. Zum Glück: Jemandem, der ein solches Buch geschrieben hat, möchte man schon ein paar Fragen stellen.

Das Literaturhaus hat eine ganze Reihe von Sofa-Lesungen organisiert, jedes Mal in einer anderen WG. Es gibt nur noch zwei vor der Sommerpause, dann ein Abschlussfest, im Herbst geht es weiter. Die Lesung kostet 5 Franken und man soll sich anmelden, da die Plätze beschränkt sind. Das WG-Wohnzimmer würde sonst aus allen Nähten platzen.

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