Informatik-Muse Lena

Lena Söderbergs Model-Karriere hatte bereits steil begonnen, als die Schwedin 1972 mit nichts ausser einem Hut bekleidet im Playboy Magazin erschien. Ihr wahrer Aufstieg zu Ruhm verdankt sie aber weder Hugh Hefner noch dessen Grossverlegern. Seit 40 Jahren bilden nämlich Legionen von Computer Grafikern und Informatikern ihre treuste Gefolgschaft. Auch im Stockwerk der Forschungsgruppe für Computergrafik der Uni Basel hängt ihr Bild, während sie ebenfalls als Forschungsmuse auf der Mitarbeiterseite der Arbeitsgruppe Gravis zu finden ist.

Doch was hat es mit Lena und ihrem Bild auf sich? Um mehr über das inzwischen 64-jährigen Pin-up-Girl zu erfahren, das die Informatikwelt in seinen Bann gezogen hat, wendete ich mich an den kompetentesten Basler Informatik-Absolventen meines sozialen Netzwerks*. Seine Erklärung fiel dabei überraschend ernüchternd aus: «Das Bild wird oft als Testbild benutzt, weil es die Eigenschaft hat, dass Regionen mit niedriger und hoher räumlicher Frequenz nahe beieinander liegen. Es geht primär um das Gesicht neben der Feder. Das Geschlecht der Person, der das Gesicht gehört, spielt eigentlich keine Rolle. Aus diesem Grund benutzt man beispielsweise auch den Mandrill-Affen

Ganz ohne Kontroverse ist das Bild aber nicht. So wird das Playboy-Model in vielen wissenschaftlichen Publikationen nicht abgedruckt, weil das einerseits unseriös wirken und andererseits ein sexistischer Unterton mitschwingen könnte. In der Tat stellt sich die Frage, ob der Kultstatus eines solchen Bildes in einem ohnehin männerdominierten Berufsfeld nicht ein wenig unsensibel ist.

Alles eine Frage der Perspektive, meint mein Informatikerfreund: «Man muss dazu sagen, dass der Frauenmangel in der Informatik ein europäisches und amerikanisches Phänomen ist. In Indien und in Asien allgemein gibt es teilweise mehr Frauen als Männer in der IT-Branche», so mein persönliches Sprachrohr der Informatikwelt. «Warum das Gesellschaftsbild Europa Ingenieurberufe eher als Tätigkeit für den Mann sieht, kann ich auch nicht beantworten. Es ändert sich zwar langsam, aber es hat auch etwas von einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Man könnte sich gleichzeitig auch fragen, warum der stereotypische Informatiker als gesellschaftsscheuer, übergewichtiger, unattraktiver, weisser Mann dargestellt wird.»

Zu einer Konklusion vermochten wir in dieser Diskussion nicht wirklich zu gelangen. Wie stellten aber beide fest, dass wir die Arbeit der Forschungsgruppe Gravis eigentlich viel interessanter fanden. Wie die Ironie es will, arbeitet Gravis vor allem im Bereich der Gesichtererkennung-Software. Die Basler Forscher stossen mit ihrer Arbeit auf grossen Anklang in der Welt der Forschung. Neben etlichen Publikation findet sich ein lehrreiches Video des Forschungsleiters Prof. Dr. Thomas Vetter auf Youtube, welches bereits fast zwei Millionen Mal angeschaut wurde.

 

Wer mehr über die Forschung der Gravis Gruppe erfahren möchte, braucht nur ihre Webseite zu besuchen. Einige interessante Projekte sind etwa:

*Name der Redaktion bekannt.

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