Eine unmotivierte Auseinandersetzung mit der Motivation

«Zyt isch am wärtvollschte, wenn me si nit hett» – Aber wer hat in unserer modernen, schnelllebigen Welt schon genug Zeit? Wenn dann noch Prüfungsphase, Weihnachtsvorbereitung und sonstige Eventualitäten zusammenkommen, dann geht schonmal die Motivation flöten. Wenn du dich hier wiederfindest, dann darfst du dich gerne mit mir auf die Suche begeben, nach dem, was Motivation ausmacht und wie man sie hinter dem Ofen hervor lockt.

Mein persönliches 2018 ging mit einem fulminanten Prüfungsfeuerwerk zu Ende, gefolgt von einem Feiertagsmarathon aus Fressorgien, Familienbesuchen und langen Autobahnfahrten. Die Zeit zum Durchatmen wurde geschickt durch Kellnerarbeit, Ämterbürokratie, die dringende Bachelorarbeitsrecherche und dem Erstatten einer Strafanzeige wegen Onlinebetrugs überbrückt – vielen Dank an www.wefeedtheworld.at für die «unkonventionelle» Firmenpolitik. Zwischendurch noch ein, zwei Geburtstagsfeste (als wäre nicht schon genug gefeiert worden) und fertig ist der Jahreswechsel.

Es ist also Sonntag, der 06. Januar, und ich bin endlich in der Lage für einen kurzen Moment durchzuatmen. Keine Neffen und Nichten, die am Hosenbein zupfen und mit schier endloser Energie jegliche Form von Spielregeln aus den gemeinsam ausgewählten Brettspielen verbannen. Kein diffuses Gefühl des Konsumterrors durch eine Werbeflut biblischen Ausmasses. Und keine vom Feuerwerksschwarzpulver zerfressene Schwefelluft, welche im Schatten der stetigen Debatten um saubere Atemluft, Emissionsrechtehandel, Feinstaub, Grossstadtsmog und Dieselabgaswerte besonders grotesk anmutet. So sitze ich also am Sonntag hier und habe tatsächlich nur noch einen Punkt auf meiner To-do-Liste: «Blogartikel Motivation» steht da geschrieben. Ich streiche es durch und schreibe «Motiviert sein» hin, denn wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich nicht wirklich motiviert. Es folgt also die erste Kaffeepause.

Nach dem Kaffee
So, weiter im Text. An der Müdigkeit lag es nicht, vor dem Kaffee ist nach dem Kaffee – ich bin noch immer nicht wirklich motiviert. Vielleicht muss ich anders an die Sache herangehen. Wenn ich in meiner momentanen Ausgebranntheit kein geeignetes Untersuchungsobjekt abgebe, vielleicht finden sich dann in der Menschheitsgeschichte prominentere Beispiele, an denen ich diesen Artikel aufrollen kann.

Ich stosse auf die Biografie von Aron Ralston. Seine Geschichte strotzt geradezu vor Motivation. Er setzt sich zum Ziel, alle 59 Viertausender in Colorado alleine zu besteigen. Bei einer Canyonwanderung verunfallt er schwer. Sein rechter Arm bleibt in einem Canyon eingeklemmt. Am fünften Tag bricht er sich selbst Elle und Speiche, um seinen Arm mit einem stumpfen Taschenmesser zu amputieren. Für die Knochen hätte das Messer nicht gereicht. Mit einer Prothese besteigt er später die übrigen Berge. Eine unverstellbare Geschichte, welche ihm letztlich das Leben rettet und unter dem Titel «127 Hours» auch Einzug in Hollywood findet.

Was ist Motivation?
Greift eine beeindruckende Biografie alle Facetten von Motivation auf? Was meine ich mit Motivation eigentlich genau? Subjektiv habe ich das Gefühl, Ralston zurecht als Beispiel gewählt zu haben, aber mir fehlt die Gewissheit. Also alles auf Anfang: Motivation richtet sich nach Bedürfnissen. Bedürfnisse können bewusst und unterbewusst existieren. Motivation ist abhängig von individuellen Faktoren, aber auch von der Umgebung. Erklärungsmodelle sind vielfältig und fokussieren unter anderem auf die menschlichen Triebe, auf die Funktion von Anreizen, um bestimmte Ziele zu erreichen, auf das ideale Erregungsniveau einer Handlung – herausfordernd, aber nicht überfordernd – oder auf die Homöostase, also einen inneren Gleichgewichtszustand, den wir Menschen unterbewusst zu erreichen versuchen.

Biografie und Theorie
Wahrscheinlich ist es unmöglich, in einem kurzen Blogartikel Motivation in ihrer gesamten Komplexität zu greifen oder sie auf eine einzelne Theorie herunterzubrechen. Vieles aus den Theoriemodellen erkenne ich im Beispiel von Ralston wieder: Seinen Selbsterhaltungstrieb; den Anreiz, seine Familie wiederzusehen; das massive psychische Ungleichgewicht auf Grund der lebensbedrohlichen Situation.

Welche Erkenntnisse ziehe ich also aus den Erlebnissen von Ralston? Die prägnante Botschaft aus dieser Geschichte bleibt für mich die Erkenntnis, dass Menschen auch unter den widrigsten Bedingungen Unvorstellbares leisten können und dass in der Motivation eines Menschen enorme verborgene Potenziale schlummern.

Potenziale wecken
Für den Alltag, abseits lebensbedrohlicher Extremsituationen, bleibt nun die Frage offen, wie eventuell vorhandene Potenziale über die eigene Motivation erschlossen werden können. Psychologieprofessor Scott Geller beschreibt einen solchen Prozess anhand von drei einfachen Fragen:

  1. Kannst du es schaffen?

Hast du die Zeit, das Wissen und das Training die Aufgabe erfolgreich abzuschliessen? Der Psychologe Albert Bandura nannte die Überzeugung in die eigenen Fähigkeiten «Selbstwirksamtkeit».

  1. Wird es funktionieren?

Wird dein Verhalten zu dem gewünschten Ergebnis führen?Albert Bandura nannte diesen Aspekt des Handlungserfolges «Antwortwirksamkeit».

  1. Ist es das wert?

Bist du bereit in die anstehende Aufgabe zu investieren? Der Psychologe B. F. Skinner beschrieb, dass das Ausführen von Handlungen immer in Abhängigkeit von deren Konsequenzen stattfindet.

Durch die Auseinandersetzung mit diesen drei Fragen kannst du dir deine eigene Kompetenz vor Augen führen und dich effektiv selbst motivieren. Wenn du alle Fragen mit «Ja» beantworten kannst, dann steht der erfolgreichen Umsetzung deiner Taten nichts mehr im Wege.

Hierzu noch ein, zwei Anmerkungen: Du musst mit deiner Prognose nicht immer richtig liegen. Nimm deine Herausforderungen als Chancen und nicht als Erfordernisse wahr. Das bedeutet auch, dass du Erfolge suchen sollst und im Umkehrschluss nicht nur versuchen sollst, Fehler zu vermeiden. Trau dich also, auch in unsicheren Momenten mit einem selbstsicheren «Ja» zu antworten. Wenn du dich trotzdem einmal in einer Situation gefangen fühlst, dann sichere dir die Unterstützung aus deinem Umfeld, um aus einem «Nein» ein «Ja» zu machen. So kannst du dann wiederum andere Personen unterstützen, wenn diese mit ihren eigenen Zweifeln ringen.

Mir hat die Herleitung von Geller geholfen, um mich wieder rückzubesinnen. Ich hoffe, du hattest Spass beim Lesen und konntest auch eine Kleinigkeit für den eigenen Alltag mitnehmen. Wenn du noch nicht genug hast, dann kannst du hier noch einige konkrete Motivationstipps fürs Semester abgreifen. In diesem Sinne viel Erfolg im kommenden Semester und bei den eventuell noch anfallenden Prüfungen.

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