Ein Gespräch mit einer Auslandskorrespondentin

Die Baslerin Astrid Frefel ist seit 14 Jahren Auslandskorrespondentin in Ägypten. In Kairo habe ich mich mit ihr getroffen, um mehr über den Wunschberuf vieler KulturwissenschaftlerInnen und die journalistischen Herausforderungen des politischen Umbruchs zu erfahren.

 

Es gibt ja keine typischen Berufslaufbahn zur Auslandskorrespondentin. Wie ist Ihr Werdegang verlaufen?
Ich habe Ökonomie studiert und dann eine spezielle Journalistenausbildung gemacht. Dann habe ich zehn Jahre als Wirtschaftsjournalistin bei verschiedenen Zeitungen in der Schweiz gearbeitet. Schliesslich wurde ich Auslandskorrespondentin für eine Schweizer Zeitung.

 

Welches Land war Ihre erste Station? Hatten Sie einen speziellen Bezug zu Ihrem ersten Land?
Als erstes bin ich nach Wien gegangen. Dort war ich für ganz Osteuropa zuständig. Im Journalismus macht man ja nicht Karriere wie in einem Unternehmen. Journalismus hat eine flache Hierarchie. Es gibt ganz viele Journalisten und dann gibt es einen Chefredaktor. Darum muss man sich andere Anreize suchen. Nach zehn Jahren Wirtschaftsjournalismus in der Schweiz hatte ich das Gefühl, es gesehen zu haben. Eigentlich war zuerst mal die Idee da, nach Bern ins Bundeshaus zu gehen. Dann wurde die Stelle in Wien ausgeschrieben und ich habe mich dafür gemeldet.

 

Es ist aber doch ein recht grosser Sprung von Wien nach Kairo.
Ich habe einen Zwischenstopp in Istanbul gemacht. Damit hatte ich einen Fuss in der Region. Man darf aber auch Wien nicht unterschätzen. Das ist zwar deutschsprachiges Ausland, aber es liegen gefühlt Welten zwischen Österreich und der Schweiz. In Wien waren die Leute ganz anders. Ich musste dort schon lernen, mich anzupassen und kam mit meiner Schweizer Gründlichkeit nicht sehr weit.

 

Dann muss der Kulturschock in Ägypten ja riesig gewesen sein.
Vor 15 Jahren war die Türkei noch nicht das, was sie heute ist. Danach war es ein relativ sanfter Übergang zu Ägypten. Istanbul ist ja auch eine Mega-City und viele Probleme, die es dort gab, sind in Kairo wieder aufgetaucht. Viele Entwicklungen laufen hier ähnlich ab mit einer Verzögerung von vielleicht zehn Jahren. Trotzdem ist es eine ganz andere Kultur, das lässt sich nicht bestreiten.

 

Wie haben Sie sich in Ägypten zurecht gefunden? Haben sie Arabischkurse besucht?
Die ersten Anfänge Arabisch zu lernen habe ich schon viele Jahre früher gemacht. Ich habe mich immer ein bisschen mit dieser Gegend befasst. Ich bin ja Korrespondentin für den ganzen arabischen Raum. Viele Themen aus Istanbul betrafen die ganze Region. Es war also ein ziemlich harmonischer Übergang.

 

Gibt es so etwas wie einen Alltag für Auslandskorrespondenten?
Die Tage verlaufen sehr unterschiedlich. Mit dem Internet hat sich mein Alltag über die Zeit ein bisschen geändert. Heute muss man sich anders als früher informieren, weil die Informationen sehr viel zugänglicher sind. Früher habe ich vor Ort in Osteuropa wirklich mehr gewusst, als die zuhause, weil man es sich erarbeiten musste. Das ist heute leider ein bisschen anders. Die Informationen werden immer stärker von den grossen internationalen Netzwerken gesteuert. Davon kann man sich nicht loslösen, weil die Redaktionen diese Informationen verfügbar haben. Denen muss man ein bisschen nachhecheln. Darum ist die Arbeit im Büro leider einfach wichtiger geworden. Wenn etwas passiert und es 16 Tote gibt, hat man sich früher überlegt, warum es Tote gibt. Heute rennt man umher, um sicherzustellen, dass es 16 und nicht 17 sind.

 

Gerade in Ägypten gibt es eine regelrechte Hexenjagd auf Journalisten. Immerhin steht das Land an 159. Stelle beim World Press Freedom Index von Reporters Without Borders. Wie haben Sie das erlebt?
Journalismus in Ägypten war nie einfach. Das ist in dem Sinne nicht eine neue Erfahrung. Schon während der Mubarakzeit war die Freiheit für Journalisten sehr eingeschränkt. Man wird immer überwacht. Ich bin mir sehr sicher, dass meine Telefone abgehört werden. Das war immer so. Dann gab es eine kurze Zeit, in der man diese Zeit weniger gespürt hat. Seit dem Sturz Mursis ist die Schraube wieder kräftiger angezogen worden. Man merkt, dass es eine aufgeheizte Stimmung gegen ausländische Journalisten gibt, weil man uns vorwirft, wir würden nicht verstehen, was hier passiert. Wir haben auch zum ersten Mal vom Presseamt eine Mitteilung erhalten, worin stand, was beim Sturz Mursis passiert ist und wie man das zu nennen hat. Das habe ich in meinen 14 Jahren in Ägypten zuvor noch nie erlebt.

 

Was würden Sie Studierenden empfehlen, die selber eine ähnliche Karriere einschlagen möchten?
Ich würde allen Journalisten generell empfehlen, zuerst irgendetwas zu studieren. Journalismus ist ja etwas, das irgendein Fundament braucht. Es ist auch gut, wenn man eine Richtung hat, auf die man sich zurückziehen könnte. Man weiss auch nicht, ob man immer in diesem Beruf bleibt. Er ist sehr schnell und sehr anspruchsvoll. Dann ist es wirklich gut, wenn man auch eine andere Basis hat.

 

Werden Sie sich mal auf ihre andere Basis zurückziehen?
(lacht) Bei mir ist der Zug jetzt abgefahren! Wobei, Journalismus hat ja sehr viele Facetten. Es gibt immer auch Fachzeitschriften, wo man auch die Chance hat, sich etwas länger mit einem Thema zu befassen. Das Problem ist, dass Tagesjournalismus sehr oberflächlich ist. Fragen Sie mich nicht, was ich vorgestern gemacht habe!

 

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