Ein neues Angebot des Sprachzentrums der Uni Basel bietet Studierenden, die Deutsch lernen, ein aussergewöhnliches Angebot: Anstatt sich im WG-Zimmer mit Vokabeln und Grammatik zu quälen, können sie in der Alterspension Dalbehof ihre Sprachkenntnisse vertiefen. Doch alles schön der Reihe nach:
Dieses Semester bietet das Sprachzentrum der Universität Basel erstmals einen Deutschkurs in einer Altersresidenz an. Deutschlernende Studierende auf Level B2 konnten sich für das Pilotprojekt anmelden – und taten dies auch zahlreich. Ermöglicht wird das Projekt von der Christoph Merian Stiftung und der Verantwortlichen Beatrice Mall, die sich von einem ähnlichen Projekt an der ETH Zürich inspirieren liess.
Hochbetrieb in der Alterspension-Kantine
Bei meinem Besuch im Dalbehof waren fast alle Tische der Cafeteria mit Gesprächspaaren besetzt. Es war ein sehr spannender Anblick, junge Studierende mit chinesischen, nigerianischen oder anderen multikulturellen Hintergründen beim Gespräch mit den Senioren zu beobachten.
In einer ersten Phase des Projekts wurden die Studierenden von der Projektleiterin Beatrice Mall auf die Gespräche mit den Senioren vorbereitet. «Es treffen nicht nur unterschiedliche Kulturen, sondern auch komplett unterschiedliche Generationen aufeinander. Mit Inputveranstaltungen habe ich versucht, die Studierenden auf die Gespräche vorzubereiten. Beispielsweise mit Werbungen aus den 1950/60-er Jahren», so Mall. Die Kursteilnehmenden können sich über die Plattform OLAT Kursmaterial sowie mögliche Gesprächsthemen herunterladen
Verkrampfter Smalltalk? Weit gefehlt!
An mehreren Terminen treffen sich die Studierenden mit «ihren» Seniorenpartnern und haben eine Stunde Zeit, sich zu unterhalten. Wer jetzt denkt, das sei verkrampft und die Paare müssten sich die Themen aus den Fingern ziehen, hat sich getäuscht.
Ich war Teil eines Gesprächs, bei dem die Studentin von einem Projekt in Äthiopien erzählte, die Seniorin vom Dalbehof begeistert zuhörte und dann stolz erzählte, dass ihr Schwiegersohn auch aus Äthiopien komme. So entstand ein emotionales Gespräch mit herzhaftem Lachen und tiefgründigen Themen, wie zum Beispiel die schwere Kindheit – die jede auf ihre Weise erlebte. Die Studierende wuchs in Nigeria auf, während die Seniorin im Baselbiet ihre Kindheit verbracht hat, dennoch fanden sich viele Gemeinsamkeiten. Fehler in der Aussprache verbesserte die Seniorin aufmerksam, jedoch nie ohne ein freundliches Lächeln. Man versteht sich offensichtlich blendend.
Nach einer Stunde musste Beatrice Mall die Studierenden dann auch regelrecht von den Tischen zerren, damit sie ihr endlich zur Nachbesprechungen folgten. Bei den leuchtenden Augen der Dalbehof-Bewohner verständlich, dass die Studierenden nur ungern gehen wollten.
Doch die Nachbesprechung ist ebenso wichtig wie die Gespräche, werden doch dort die sprachlichen Fortschritte der Studierenden analysiert. Am Ende des Kurses sollen die Studierenden für eine Broschüre ein Portrait über ihren Gesprächspartner oder ihre Gesprächspartnerin schreiben – und das in möglichst perfektem Deutsch.
Win-win Situation
«Die Studierenden sollen in erster Linie ihr Deutsch verbessern und möglichst viel über die Sprache lernen. Dass sie dabei auch noch einiges über das Leben und die Kultur einer anderen Generation erfahren, ist ein sehr erfreulicher Nebeneffekt. Das Pilotprojekt ist bis jetzt ein voller Erfolg», erklärt Mall im Fazit zu den ersten Projektwochen.
Während meines Besuchs habe ich viele lachende Gesichter gesehen und wurde herzlich empfangen. Nur bei der Antwort auf die Frage, was denn ein Uni-Blog sei, kamen die Gespräche etwas ins Stocken. Der Vergleich mit einer Uni-Zeitung schaffte aber Abhilfe.
Bleibt zu hoffen, dass das Projekt weitergeführt wird, denn es ist offensichtlich eine klare sogenannte «Win-win-Situation», sowohl für die Studierenden als auch für die Seniorinnen und Senioren.
2 Kommentare
Fr, 25. April 2014 / 22:09 Uhr
Eine grossartige Idee- wirklich für beide Seiten, der Alltag der Senioren wird immens belebt- mich würde einfach noch interessieren : die Studenten möchten wohl Hochdeutsch lernen- kommunizieren die Senioren in der Schriftsprache mit den Studenten?
Verstehen sie Senioren die in Dialekt sprechen.
So, 27. April 2014 / 23:05 Uhr
Soweit ich es beobachten konnte, wird Dialekt und Hochdeutsch gesprochen. Je nach dem, wie das Niveau des Studierenden und die Komplexität des Themas ist, wird gewechselt.