Auf dem Weg zum Campus von morgen

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Während eineinhalb Jahren untersuchten interne und externe Experten für die Uni Basel die Anforderungen einer zeitgerechten bzw. zukunftsgerechten Lernumgebung in Basel. Besonderer Fokus wurde auf die Frage gelegt, wie sich virtuelle und physische Lernumgebungen vor dem Hintergrund mobiler Technologien und neuer Informations- und Kommunikationsmedien verändern. Am Freitag wurden die Thesen der Forscher in der Aula mit einem anschliessenden Vortrag von Les Watson präsentiert.

In der Aula sitzen Vertreter verschiedener Bildungsinstitutionen von nah und fern (einige müssen Übersetzungsgeräte tragen), die sich für die Zukunft der universitären Bildung interessieren. Der Raum ist gut gefüllt. Tina Škerlak und Sabrina Brandt von der Projektgruppe des Learntechnet präsentieren die Ergebnisse ihrer Forschung in Form von sechs Thesen, die ich teilweise erläutern möchte:

These 1: Der Campus dient nur dem “halben Lernen”: Gemäss Sfard kann das Phänomen des Lernens durch einseitige Aneignung von Information und durch Enkulturation existieren. An der Uni Basel ist nur das Lernen als Aneignung wirklich ausgeprägt. Die Frage der Enkulturation ist damit verbunden, wer die Studierenden eigentlich sind: Gäste oder Angehörige? Beim “Angehörigenmodell”, in dem man Studenten Räume mitgestalten und mitbestimmen lässt, erlebt man mehr positive Ergebnisse und Eigenverantwortung der Studierenden. Die Universität sollte sich laut den Forschern mehr in diese Richtung bewegen.

These 2: Auf “Lernwanderer” ist die Universität nicht eingerichtet: Die Universität sollte sich mobiliar und virtuell auf diejenigen einrichten, die überall (z.B. auf Treppen, in der Caféteria) lernen. Dabei ist die mobile Verfügbarkeit von Lehr-/Lernmaterialien und die Einrichtung von mobilen Informations- und Serviceschnittstellen wichtig, sodass der Student nicht mit fünf verschiedenen Plattformen umgehen muss oder an Öffnungszeiten gebunden ist..

These 3: Vielfalt braucht Flexibilität: Die Uni Basel verfügt über eine hohe Diversität an Fächern. Deshalb sollte ein Raum verschiedene Bedürfnisse erfüllen, auch wenn diese miteinander konkurrieren können. Um die Vielfalt zu vereinigen, sollten Vertreter der verschiedenen Fachkulturen in Entscheidungsprozesse der Uni Basel miteinbezogen werden.

Die anderen drei Thesen sind in ihrer Formulierung selbsterklärend:
These 4: Problem erkannt, Problem gebannt?

These 5: Innovation und Kreativität erfordern Freiräume

These 6: Es ist ja vieles da, aber keiner weiss, was und wo.

Anschliessend folgte ein sehr stimulierender und inspirierender Vortrag des Biologens und Architekten Les Watson, mein persönlicher Höhepunkt des Nachmittags. Laut Watson gibt es noch kein Paradigma für eine Universität des 21. Jahrhunderts, weil alle Bildungsmodelle sich an der Vergangenheit statt an der Zukunft orientieren. Dabei sind wir gerade dabei, vom Informationszeitalter ins Konzeptzeitalter überzugehen, in der Kreativität und Geist die neue Währung sind. Es wird immer Unerwartetes, Unplanbares geben. Deshalb ist auch eine gewisse Intuition wichtig. Man muss kreativ und spielerisch sein und die einhergehende Unsicherheit in Kauf nehmen, weil ein zum voraus sicheres Ergebnis nur ein mittelmässiges Produkt ergeben kann. Etwas, das nicht auch ein Fehler sein bzw. werden kann, ist es nicht wert zu verfolgen. Unerfahrenheit kann dabei von Vorteil sein, da man unter Umständen eine neue Perspektive in die Materie reinbringt und sich durch Scheitern weniger blamiert fühlt.

Die drei wichtigsten Teile einer Uni sind die Menschen samt deren Fähigkeiten, die Technologie und ihre Anwendung sowie die räumliche Umgebung. Vor allem die Synergie dieser Aspekte muss beachtet werden, denn eine Technologie, die sich nicht mit den Menschen oder Räumen verträgt, ist nutzlos. Räumlichkeiten müssen besonders beachtet werden, weil sie das emotionale Wohlbefinden stark beeinflussen. Verspieltheit und Konversation sollten besonders gefördert werden, weil sie das Lernen besonders fördern. Schlussendlich ist Konversation gemeinsames Denken. Eine Flexibilität der Räume kann mittels aufblasbarer Stukturen, Vorhängen oder ähnlichen Elementen hergestellt werden. Watson sprach mir mit seinem Vortrag aus der Seele, weshalb ich mich besonders freute, dass er auf seinem Blog Bücher empfiehlt: http://leswatson.wordpress.com/reading-list/

Nach den Vorträgen, wurde eine Podiumsdiskussion geführt. Ein immer wiederkehrendes Motiv der Diskussion war, wie die Universitätsleitung, die sich eher skeptisch zeigte, nun mit diesen Forschungsergebnisse aus eineinhalb Jahren umgehen wird. Sie erachtet die Ergebnisse als ersten Anstoss, den sie auf ihre Sozial- und Budgetverträglichkeit hin prüfen wird.

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