Nadine Engbersen studiert im 6. Semester Geowissenschaften mit Vertiefungsrichtung Umweltgeowissenschaften. In ihrem Fach wird im Sommer eine Professur neu vergeben. Welche Rolle die Studierenden im Bewerbungsverfahren um die freigewordene Stelle spielen, erklärt Nadine in ihrem Gastbeitrag.
Seit ich vor drei Jahren an der Uni Basel angefangen habe zu studieren, ist die Fachrichtung Biogeographie und Angewandte Ökologie des Studiengangs Geowissenschaften fest in den Händen des Entomologen Prof. Dr. Peter Nagel. Vor kurzem wurde das Gerücht bestätigt, dass Herr Nagel diesen Sommer pensioniert wird und seinen Posten als Institutsleiter an einen noch unbekannten Nachfolger abgeben wird. Mit der Pensionierung von Professor Nagel verschwindet leider auch der schweizweit letzte Studiengang in Biogeographie, denn der Nachfolger soll aus dem breiten Pool der ‚Environmental Microbiology’ kommen. Die zu untersuchenden Lebewesen werden in Zukunft also noch kleiner.
Die Studierenden der Geowissenschaften sind von diesem Wechsel unmittelbar betroffen – immerhin fällt eine von fünf Vertiefungsrichtungen weg. Aber sie haben die Möglichkeit, bei der Wahl des neuen Professors respektive Professorin ein Wörtchen mitzureden. Als Studentin durfte ich bei einem Teil des Prozesses dabei sein und mitentscheiden, wie sich die Zukunft des Instituts entwickeln würde. Da man nicht alle Tage die Chance hat, in der Zukunftsplanung einer Universität mitzumischen, wollte ich euch dieses Ereignis nicht vorenthalten. Wie lief das Ganze also ab?
Zunächst stellten die acht Bewerber ihre Forschungsschwerpunkte und Visionen für das Institut vor. Diese Vorträge waren vor allem wissenschaftlichen Inhaltes und richteten sich hauptsächlich an die Berufungskommission und andere Entscheidungsträger. Jedoch waren auch Studierenden an den Vorträgen willkommen. Am nächsten Tag fanden die 20-minütigen Probevorlesungen statt, die auf Bachelorniveau für die Studierenden gehalten wurden. Diese Probevorlesungen dienten dazu, die Studierenden von den didaktischen Fähigkeiten der Bewerber zu überzeugen. Den Bewerbern wurde dafür eine Auswahl von Themen gegeben, aus denen sie sich drei aussuchen durften und eines davon wurde ihnen dann zugewiesen. Die Beteiligung der Studierenden war gross und der ‚grosse’ Hörsaal im NLU (Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz) war gut gefüllt. Jede der Probevorlesungen wurde in Bezug auf Lerneffekt, Verständnis und Vortragsstil, von den anwesenden Studierenden mit einem Fragebogen bewertet.
Auf meine Frage hin, wie viel Einfluss die Bewertungen der Studierenden denn nun hätten, wurde mir geantwortet, dass es keinen festen Prozentsatz gäbe, aber wenn einer der Bewerber didaktisch komplett am Ziel vorbeigeschossen sei, dann würde man diesen Bewerber sicher aus dem Rennen nehmen. Nach 8 x 20 Minuten und acht ausgefüllten Fragebögen hat mich diese Antwort doch beruhigt – meine gesetzten Kreuzchen würden also nicht im universitären Papiersalat verloren gehen.
Der Vorlesungsstil ist natürlich nicht das Hauptkriterium eines neuen Professors, sondern – wie überall – regiert auch hier Prestige und Geld. So zählt vor allem der wissenschaftliche Output der Bewerber, sprich wie viele Paper haben sie produziert und vor allem: Wo wurden sie publiziert. Es macht einen signifikanten Unterschied, ob der Kandidat seine Paper in prestigeträchtigen Zeitschriften wie nature oder science publiziert hat oder eben nicht. Nach dem Prestige kommt die Frage nach dem Geld: Wie viel Forschungsgelder wurden den Bewerbern in der Vergangenheit bereits zugesprochen und wie viele Forschungsgelder können sie in der näheren Zukunft einholen?
Neben diesen zwei Hauptfragen ist natürlich auch der wissenschaftliche Werdegang der Bewerber wichtig: Wo haben sie studiert, wo geforscht, welche connections bringen sie mit? Und ein ganz wichtiger Punkt: Wie passt ihre Vision in die bereits bestehenden Strukturen des Instituts und wie gut orientieren sich die Pläne der Bewerber an den längerfristigen Zielen des Departments für Umweltwissenschaften? Es gibt schliesslich auch noch andere Mitarbeitende am NLU mit eigenen Forschungsplänen und –ideen.
Die nächsten Schritte – die persönlichen Interviews mit den Bewerbern sowie die endgültige Entscheidung – spielen sich hinter den Türen der Berufungskommission ab. Trotzdem schätze ich die Transparenz des ganzen Prozesses und die Möglichkeit, mit ein paar Kreuzchen die Zukunft des Instituts mitbestimmen zu können. Ich werde nun gespannt darauf warten, wer als Nachfolger ernannt wird und bin erleichtert, dass keine Schlaftablette unter den Kandidaten ist.