Faszination Laserrobotik: Ferda Canbaz und das MIRACLE-Projekt

Andrina Schmitz und Ferda Canbaz
Ferda Canbaz (rechts) zeigt Andrina ihr neues Labor – Sicherheitsbrille inklusive.

Werden in Zukunft Laserroboter ein wesentlicher Bestandteil der Knochenchirurgie sein? «Mit Sicherheit!», meint Forscherin Ferda Canbaz vom Departement für Biomedical Engineering der Universität Basel. Laserroboter bieten eine erhöhte Präzision und eine allgemein erhöhte Sicherheit im Vergleich zu heute herkömmlichen Methoden.

An einem regnerischen Tag radle ich zum Industriegelände von Allschwil, wo das neu gebaute Büro und Labor des MIRACLE-Projekts liegt. MIRACLE steht für Minimally Invasive Robot-Assisted Computer-guided LaserosteotomE, ein Forschungsprojekt des Departements für Biomedical Engineering. Das Ziel aller beteiligten Forschenden ist es, die Knochenchirurgie mittels Laserroboter grundlegend zu verändern.

Der Laser soll durch einen minimalen Eingriff hochpräzis Knochen schneiden und Knochenveränderungen entfernen können. Dadurch werden funktionale Knochenschnitte möglich, ohne dass umliegendes Gewebe zerstört werden muss. Das faszinierende daran: Der Roboter ist etwa so gross wie ein Fingerglied.

Finger von Ferda Canbanz neben Roboter

Auf die Grösse kommt es an: Der Roboter des MIRACLE-Projektes ist gerade einmal fingerbeerengross (Bild: Andrina Schmitz).

Ferda Canbaz, Forscherin im Rahmen des MIRACLE-Projekts, erklärt mir, dass die Laserforschung im Bereich der Biomedizin bereits seit den 1960er besteht. In den Kliniken kommen diese neueren Methoden jedoch zurzeit noch selten zum Zug. «Ein Laser ist Energie: Er schneidet einfach, auf was er trifft. Durch unsere Forschung wird es möglich sein, im Vorhinein das Gewebe abzumessen, um die genaue Schnittlinie des Lasers zu visualisieren. Dadurch wird die Operation viel sicherer als mit den heute gängigen Methoden», so Canbaz.

Ein weiterer Vorteil der minimalen Eingriffe ist die reduzierte Anzahl der Tage, die ein*e Patient*in nach einer Operation im Spital verbringen muss. Wenn man bedenkt, dass die Bevölkerung immer älter wird und der Fachkräftemangel akut ist, könne die Laserrobotik im Idealfall zu einer erheblichen Entlastung des Pflegepersonals führen.

Genauere Schnitte, weniger Schaden

In erster Linie sollen jedoch die Chirurg*innen entlastet werden. «Es ist auf keinen Fall die Idee, die Chirurg*innen zu ersetzen. Der Roboter ist und bleibt ein Hilfsmittel, um genauere Schnitte durchführen zu können und weniger Gewebe zerstören zu müssen als mit den herkömmlichen Methoden», präzisiert Canbaz.

Knochen mit horizontalen Schnitten

Präzise und minimalinvasiv: die Laserschnitte des Computers (Bild: Andrina Schmitz).

Ihre Faszination für die Welt der Laserrobotik ist unverkennbar. «Laser sind wie Legos! Man kann die unterschiedlichen Teile zusammenbauen und eine Art Spielplatz kreieren. Es macht so viel Spass.» Als ich nachfrage, woher denn diese Faszination kommt, nimmt sie mich gedanklich zurück an den Start ihres Studiums in der Türkei. «Im zweiten Studienjahr besuchte ich eine Vorlesung zum Thema moderne Physik›. Dort behandelten wir die Frage, wie Laser funktionieren. Ich ging nach der Vorlesung auf den Professor zu und sagte: Bauen wir einen Laser!›. Ich war sehr naiv, aber als ich anfing, im Labor zu arbeiten, wurde meine Faszination immer grösser. Seitdem arbeite ich in Optiklabors und untersuche verschiedene Forschungsthemen wie optische Materialien, Lasermaterialbearbeitung, Entwicklung ultraschneller Laser und biomedizinische Anwendungen von Lasern.»

Das neue Labor in Allschwil bietet Canbaz 120 Quadratmeter Platz zum Austoben. Im Vergleich zum alten Labor ist das dreimal so viel.  Wir laufen quer über das Stockwerk, auf dem sich alle Büros befinden. Ferda Canbaz ist glücklich mit dem neuen Standort: «Wir haben deutlich mehr Platz. Dies gibt uns die Möglichkeit, uns in verschiedenen Forschungsprojekten weiterzuentwickeln. Zudem fühlen wir Forschenden uns näher beieinander. Es entstehen spontane Gespräche und interdisziplinäre Diskussionen. Das ist sehr toll. Ich lerne dadurch viel neues aus anderen Forschungsgebieten.»

Noch nicht ganz bereit für die Praxis

Nachdem sie mir das Projekt erklärt und das Labor gezeigt hat, bleibe ich trotzdem noch an einer Frage hängen: Warum wird die Roboterlasertechnik nicht bereits heute in den Operationssälen verwendet? Ihre Antwort kommt sofort. «Das Potenzial des Lasers ist erstaunlich, doch bis er zu einem allgemein genutzten Instrument wird, fehlen noch ein paar Schritte. Es müssen klinische Studien abgeschlossen und verschiedene Vorschriften erfüllt werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass die robotergestützte Chirurgie mit intelligenten Lasern die Knochenchirurgie revolutionieren kann.»

Nach einer kurzen Denkpause fügt sie an: «Ich glaube, dass es wichtig ist, das Leben der Menschen durch technologische Entwicklungen zu verbessern. Wir müssen hart arbeiten und unsere Zeit in die Möglichkeiten investieren, die uns die Laser bieten. Um es kurz zu machen: Die Arbeit im Miracle-Team wird sich in Zukunft definitiv lohnen.»

Mehr Informationen über das MIRACLE-Projekt findest du hier.

Andrina Schmitz

Während ihres Auslandaufenthalts in Kolumbien wurde Andrina klar, dass Politik gar nicht so langweilig ist, wie sie dachte. Seither gehören Diskussionen über aktuelle Themen genauso zu ihrem Alltag wie dunkle Schokolade und Grapefruitsaft. Wenn sie nicht gerade Sport treibt, kalte Pasta isst oder neue Pflanzen kauft, hat sie wahrscheinlich gerade genug vom Stadtleben und verzieht sich in die Berge, um ihr Gleichgewicht zwischen Alpenrosen und Steinböcken wiederzufinden.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar. Bevor dieser veröffentlicht wird, wirft noch jemand aus der Redaktion einen Blick darauf. Das kann ein bis zwei Arbeitstage dauern.
Ups. Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte versuche es noch einmal.