Sophia Meyer spricht neben Deutsch, Englisch und Französisch noch Persisch sowie Arabisch. In ihrem Gastbeitrag erklärt die polyglotte Medizinstudentin, warum man sich fürs Erlernen einer Fremdsprache am besten einen Trainingsplan anlegt:
Beim Zugfahren liebe ich es, dem Klang fremder Sprachen von Konversationen im angrenzenden Abteil zu lauschen. Ob weiches Portugiesisch, temperamentvolles Spanisch, breites Teheraner-Persisch, raues Arabisch, sprühendes Tigrinya oder ü- und ö-geladenes Türkisch… Am liebsten würde ich jede einzelne dieser Sprachen lernen, begreifen, analysieren und auskosten. Die Universität Basel bietet zahllose Möglichkeiten, neue Sprachen zu lernen – Möglichkeiten, die man unbedingt nutzen sollte!
Doch wie lernt man am besten eine neue Sprache? In den drei Jahren seit dem Gymnasium habe ich mich an einigen Sprachen versucht und schlussendlich ist das Sprachenlernen wie das Training für einen Marathon: Man erstellt sich einen Trainingsplan, investiert Zeit, motiviert sich immer und immer wieder selbst, geht an seine Grenzen, fordert sich selbst heraus und am Ende erreicht man die 42 Kilometer. An der Ziellinie angelangt, sieht man sich schon nach der nächsten Sprache um, denn wen es einmal gepackt hat, den lässt es nicht mehr los.
Der Trainingsplan:
Am Anfang steht die Motivation! Was man liebt, lernt man schon fast im Schlaf – das kennt wohl jeder Student. Die Sprache, die man lernen möchte, muss man unbedingt lieben (oder lieben lernen). Wer sich ihren Klang wie ein gutes Musikstück anhören, sich ihre Wörter und Sätze wie Schokolade auf der Zunge zergehen und ihre Grammatik liebevoll wie einen Roman lesen und analysieren kann, wird jede neue Information aufsaugen und behalten.
Einmal sprinten, einmal gemütlicher Dauerlauf, einmal Krafttraining – auch bei der Sprache lohnt es sich mit einem System zu trainieren. Vokabeln büffeln braucht es ebenso wie Grammatik lernen, schreiben ist ebenso wichtig wie lesen. Es muss eben alles trainiert werden.
Meine Strategie ist es mir erst eine Grundgrammatik anzueignen, dann den Wortschatz aufzubauen, damit ich bald einfache Sätze bilden kann. Mit diesen Sätzen versuche ich dann im Alltag zu mir selbst zu sprechen. Tatsächlich passiert es mir immer wieder, dass mir Wörter oder Sätze «nachlaufen» wie ein guter Song.
Dann kommt der erste Lauf: Kontakt! Wenn man eine Sprache gebraucht, vergisst man sie nicht und von Mal zu Mal fühlt man sich sicherer. Die ersten paar Sätze brauchen zwar noch etwas Überwindung, aber es lohnt sich! Und das Tolle ist, dass einem gerade exotische Sprachen, von denen Muttersprachler nicht erwarten, dass man sie spricht, regelrecht Herzen öffnen! Falls man niemanden kennt, der die gewünschte Sprache spricht, gibt es im Internet endlose Möglichkeiten, Kontakte zu finden, die man vor wenigen Jahren noch Brieffreunde genannt hätte – mit dem Unterschied, dass solche Austausche heute ganz leicht über WhatsApp möglich sind.
Aber natürlich geht nichts von selbst und wie das Lauftraining braucht auch eine Sprache ihre Zeit. Und diese Zeit muss man sich nehmen. Am besten plant man sich an zwei Tagen fest eine oder zwei Stunden ein, in denen man an der Sprache arbeitet und zwar mit voller, ungeteilter Konzentration. Zusätzlich dazu ist es sinnvoll, immer mal wieder in freien Momenten Vokabellisten zu überfliegen (Wochenaufenthalter und Pendler aufgepasst: Stundenlanges Zugfahren ist die perfekte Gelegenheit dazu!). Ganz praktisch finde ich übrigens Hörübungen oder Musik in der jeweiligen Sprache, da man das ganz gemütlich nebenbei beim Putzen oder Kochen hören kann.
Nun, egal wie sehr man eine Sprache liebt, man wird zweifellos irgendwann (und immer wieder) an den Punkt kommen, an dem man keine Lust mehr hat. Hier gilt als letztes wieder der erste Punkt: Es braucht nicht nur Motivation, sondern die Motivation muss auch immer wieder neu belebt werden.
Kleine Erfolgserlebnisse helfen, die Motivation hoch zu halten: Der erste einfache Text, den man versteht, die erste kurze Konversation, die man führt, der erste Satz, den man aus einem Lied heraushört…
Hier lernt ein begeisterter Sprachschüler das Runner’s High der Polyglotten kennen. Und so kommt es dann zu den anfangs geschilderten Situationen im Zug: Mit gespitzten Ohren unauffällig den Sprachfetzen lauschend und schon schmiedet man Pläne, welche Sprache es als nächstes zu lernen gilt…
Wer noch Inspiration braucht: Das Sprachenzentrum der Universität Basel bietet Kurse für insgesamt 18 verschiedene Sprachen an. Von Afrikaans, über Hebräisch bis hin zu Ungarisch, da ist sicher auch für dich etwas dabei.
1 Kommentar
So, 16. September 2018 / 10:15 Uhr
Zuerst glatuliere ich Sophia Meyer dafür, dass sie einen megawichtigen Artikel geschrieben hat.
Ich habe sehr gerne diesen Artikel gelesen. Dieser Artikel hat mir viel geholfen. Dieser Artikel hat unbedingt meinen Horizont geöffnet.
Etwa lebe ich einen Jahr in der Schweiz. Ich möchte Deutsch lernen.Ich habe mich einen Jahr unregelmäßig über Deutsche Grammatik gearbeitet. Ich habe langsam Deutsch gelernt, Weil ich meine eigene Hindernisse nicht gesehen habe.
Wenn ich den Artikel von Sophia Meyer gelesen habe, glaube ich mir mehr als vor dem Artikel. ich kann Deutsch weiter lernen.
Ich bedanke mich Sophia Meyer dafür, dass sie diese Thema perfekt erzählt hat.
Ich warte auf die neuen Artikeln von Sophia Meyer.
Ich danke üni. Basel für diese Möglichkeit.
Herzlichen Grüssen
Gökhan Gökmen