In einer ehemaligen Anlieferhalle im Muttenzer Industriegebiet steht ein buntes, altes Postauto. Luc Gross und Adrian Keller bauen es zu einem fahrenden Atelier um. Was sie dafür können müssen, haben sie sich selber beigebracht.
Der violett-blau-gelbe Bus war früher ein Postauto und fuhr über den Flüela-Pass, etwa zwanzig Jahre lang. Dann wurde er eine Weile als mobile Kinderbibliothek in Zürich eingesetzt, deshalb auch die farbenfrohe Lackierung. Schliesslich kam der Bus – er hiess damals Klara – mit eingedrücktem Dach und vielen Defekten nach Basel.
Vor drei Jahren wurde das Fahrzeug dann von Luc Gross und Adrian Keller übernommen. Seither arbeiten die beiden daran, das ehemalige Postauto, neu unter dem Namen «cartouche», wieder fahrtüchtig machen. Sie wollen es zu einem mietbaren, fahrenden Atelier umbauen.
Learning by doing
Das Beeindruckende an der Geschichte ist, dass Luc und Adrian keine Automechaniker sind. Beide haben am Hyperwerk studiert. Adrian arbeitet neben dem Bus bei den IT-Services der Universität Basel, kennt sich also mit IT aus. Luc ist selbstständig, arbeitet projektorientiert, technisch, kreativ, gestalterisch, schwer zu beschreiben. Besonders viel über Dieselmotoren wussten beide nicht, als sie sich vor drei Jahren entschieden haben, den Bus umzubauen.
Und nun steht dieses riesige Gefährt, elf Meter lang, 9 Tonnen schwer, ursprünglich für 40+1 Passagiere gebaut, in Muttenz. Um am Motor arbeiten zu können, haben die beiden den Boden entfernt. Steigt man in den Bus ein, liegt der Dieselmotor in all seiner Pracht unter einem. «Staubtrocken und fettfrei» erklärt Luc und zeigt auf die tatsächlich leicht angestaubten Leitungen. «So wie es sein muss.» Der Motor und die Fahrtechnik ist nach drei Jahren Arbeit bereit für die Motorfahrzeugkontrolle. Jetzt muss die Karosserie noch repariert und lackiert werden und dann kommt der Innenausbau dran.
So viele Hürden
Wenn man es sich genau überlegt, spricht sehr viel dagegen, ein altes Postauto zu reparieren. Wo stellt man so einen Bus hin? Und das Know-how: Defekte Batterie, kaputter Alternator, Probleme mit der Fahrelektrik, lecke Leitungen und undichte Ventile. Eine Million Schrauben, Düsen, Leitungen, Kabel – wie verschafft man sich da eine Übersicht? Zudem braucht man einen LKW-Führerschein, um den Bus überhaupt fahren zu dürfen, wenn er dann mal fährt. Und was, wenn es keine Ersatzteile mehr gibt? Und dann natürlich noch die Geldfrage. Die Arbeitszeit, die Ersatzteile, die Werkzeuge, der Standplatz, kostet ja alles.
Luc Gross und Adrian Keller hat das nicht davon abgehalten, das Projekt zu starten. Wie geht man damit um, mit so einem Berg von Problemen? «Man fängt irgendwo an, arbeitet Schritt für Schritt weiter», erklärt Luc Gross. Adrian Keller streckt mir ein Handbuch hin, darin sind schematische Darstellungen von den mechanischen Einzelheiten zu sehen. «Zum Glück haben wir das Buch, das hilft». Learning by doing alleine reiche allerdings nicht, ergänzt Luc. «Wir haben uns auch ein Netzwerk aufgebaut. Menschen, die sich mit solchen Sachen auskennen. Das ist auch wichtig. Kommen wir nicht weiter, fragen wir um Rat.»
Das ist schon inspirierend, oder? Wenn zwei Nicht-Automechaniker es schaffen, ein Postauto mit Jahrgang 1973 wieder zum Laufen zu bringen, dann ist es wahrscheinlich auch möglich, die Masterarbeit endlich in Angriff zu nehmen oder den komplizierten Papierkram zu erledigen, um eine Katze aus dem Tierheim zu adoptieren. Oder was auch immer gerade ansteht. Schritt für Schritt halt.
Das Crowdfunding läuft noch
Bis Ende Jahr wollen Luc Gross und Adrian Keller mit dem Innenausbau fertig sein. Um das Projekt weiterhin finanzieren zu können, haben die beiden ein Crowdfunding gestartet. 18‘000 Franken sind das Ziel, ein paar Tage läuft es noch. Als Belohnung für die Unterstützung bieten sie zum Beispiel Fahrten im fertigen Bus oder teilen ihr Expertenwissen.