Die Abendsonne strahlt durch die Bäume, während wir die Slacklines aufbauen. Auf einem Band hin und herlaufen, das kann ja nicht so schwer sein, denke ich mir da noch. Ich werde jedoch sehr schnell eines Besseren belehrt.
Slacklining, das Balancieren auf dehnbaren Bändern, entstand in den 1980er Jahren aus der Kletterszene im Yosemite Nationalpark. Aus Langeweile wurde die Kletterausrüstung zum Balanceseil umgewandelt und die neue Sportart war geboren. Nach mehreren Jahrzehnten ist das Slacklining heute auf der ganzen Welt verbreitet.
Beim Slacklinen balanciert man auf einem 2 bis 5 Zentimeter breiten Kunstfaserbandstück, welches meist an zwei Bäumen befestigt wird. Eingesetzt wird es zu therapeutischen Zwecken wie auch in kreativen Kontexten wie Shows und Performances. Ein Slackline-Set besteht im Wesentlichen aus einem Stück Gurtband (kein Seil), zwei Baumschlingen und einem Spannsystem (auch «Rätsche» genannt).
Wer zwischen zwei Bäumen balancieren möchte, sollte auch Baumschützer verwenden. Wir rollen alte Yogamatten um die Bäume und spannen die Slacklines ca. 40cm über dem Boden. Zur zusätzlichen Sicherung wird der Rest des Gurtbands nochmals um die Rätsche geknöpft. Jetzt kann nicht mehr viel passieren, und es liegt an uns zu zeigen, wie viel Balance in uns steckt.
Drehungen, Sprünge und andere Herausforderungen
Kursleiter Philipp Spale gibt uns noch die drei wichtigsten Tipps auf den Weg: Blick Richtung Baum, Füsse gerade auf der Slackline und die Arme höher als die Schulter zum Ausbalancieren. So viel zur Theorie, jetzt geht es ans Ausprobieren. Schritt für Schritt tasten wir uns vorwärts an den unterschiedlichen Slacklines, welche je nachdem länger, kürzer, elastischer oder wackeliger sind. Wir versuchen die ganze Strecke von Baum zu Baum zu überwinden, im Sitzen zu balancieren, auf der Slackline aufzustehen und möglichst lange nicht runterzufallen.
Slacklinen gibt es in vielen verschiedenen Varianten und Disziplinen. Die Tricklines sind zwischen 15 und 30 Meter lang und sehr straff. Das Band fühlt sich an wie ein Trampolin. Ob Flips, Spins oder einfach von Fuss zu Fuss springen, die Trickline bietet eine grosse Vielfalt an Möglichkeiten zum Ausprobieren.
Bei der Rodeoline wird das Band etwas höher verankert (2 bis 3 Meter) und dort so aufgehängt, dass es fast bis zum Boden durchhängt. Damit wird es möglich, in der Mitte zu stehen, von einer Seite zur anderen zu schwingen und Akrobatik zu üben.
Ab einer Länge von etwa 30 Metern werden Slacklines als Longlines klassifiziert. Je länger die Linien, desto schwieriger wird das Gehen. Der Weltrekord im Longlinen liegt bei über 600 Metern Länge – also mehr als einem halben Kilometer auf einem schmalen Kunststoffband.
Highlines werden in großen Höhen aufgebaut, zum Beispiel zwischen Felsen oder sogar Gipfeln. Da geht es nicht nur um Balance, sondern auch darum, Höhenängste zu überwinden. Um sich vor lebensgefährlichen Stürzen zu schützen, verdoppeln Highliner das Gurtband mit einem zweiten System (Seil oder anderes Gurtband) und befestigen sich an diesen beiden Systemen.
Müde Beine und glückliche Gesichter
Die Zeit auf dem Petersplatz vergeht wie im Flug und nach eineinhalb Stunden sind die Muskeln müde und die Konzentration schwindet langsam. Es ist Zeit fürs Aufräumen. Spass gemacht hat es auf jeden Fall und wir konnten alle persönliche Fortschritte feiern.
Für all diejenigen, die ihre Balance auch einmal herausfordern möchten: Das Slackline-Angebot vom Unisport findet im Herbstsemester wieder statt, bevor es dann in die Winterpause geht.