Liebe verändert alles. Auch das Studium. Wenn Kommilitonen Amors Pfeil trifft, hat das oft jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Frischverliebten. Denn manchmal scheint Amor den Bogen zu überspannen… Ein humorvoller Kommentar einer Aussenstehenden.
Pärchen innerhalb eines Studienfaches sind nicht selten und dafür gibt es eine einfache Erklärung: Wenn man sich jeden Tag sieht und sich noch dazu sehr gut versteht, funkt es meistens früher oder später. Warum also in die Ferne schweifen, wenn man eine selektierte Auswahl an möglichen Partnern geradezu auf dem Silbertablett präsentiert bekommt?
Ist das Herzblatt auserkoren, gibt es drei Strategien, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen: (gilt für Männer und Frauen in gleichem Masse.)
Das Anbahnen
Typ 1: Der Offensive – oder „hier bin ich, nimm mich“
Besonders beliebt bei Studierenden mit (zu) grossem Selbstbewusstsein. Im strategisch ausgewählten Outfit, ganz nach dem Motto „man muss zeigen, was man hat“ folgt auf die Kontaktaufnahme ein Anmachspruch vom Typ «Verrätst du mir deinen Namen? Oder darf ich dich gleich ‚meins‘ nennen?» oder schlechter. Die Reaktionen sind vielfältig. Von Ohrfeige bis erstem Kuss ist alles dabei.
Typ 2: Der Schüchterne – oder „das wird eh nichts“.
Es ist so viel leichter, sich in Selbstmitleid zu suhlen, als den ersten Schritt zu wagen. Die scheinbar einzige Hoffnung für Studierende diesen Typs ist, dass jemand so grosses Mitleid mit ihnen hat und sie selbst anspricht.
Typ 3: Der Desinteressierte – oder „ich mag dich nicht und du bist meine grosse Liebe“.
Diese Taktik hat schon in der Grundschule gut funktioniert, warum also nicht auch im Studium?! Man gibt dem Objekt der Begierde zu erkennen, dass man absolut und überhaupt gar kein Interesse hat und weckt so automatisch dessen Interesse. Klingt absurd? Die Wege der Liebe sind unerklärlich.
Die Beziehung
Hat eine der Taktiken auf wundersame Weise doch funktioniert, steht der ganz grossen Liebe, vier Kindern und einem Haus am See (fast) nichts mehr im Weg.
Für die Frau kann die Beziehung zu einem Kommilitonen besonders vorteilhaft sein: Wenn man täglich den gesamten Hausstand und zusätzlich fünf Bücher in einer bis zum Bersten gefüllten Handtasche mit sich herumträgt, kann die Gefahr, dass die einseitige Überbelastung zu Rückenbeschwerden führt, durch einen hilfsbereiten Freund deutlich reduziert werden. So werden zwar Haltungsschäden bei der Frau vermieden, beim männlichen Geschlecht kann es dafür zu Imageschäden kommen. Durch eine Freundin mutieren viele der coolsten Kerle zu echten Sherpas.
Ist die neue Freundin nicht in der Nähe, klingelt bald mal das Handy. Und selbst wenn während dem Match des FCB in der Muttenzer Kurve Whitney Houstons „I will always love you“ auf den eingehenden Anruf aufmerksam macht, wird dieser nach kurzem Zögern und Betrachten der umstehenden Massen entgegengenommen. Denn selbst wenn man das nächste Tor verpasst: Will man (Beziehungs-)krieg vermeiden, muss man das in Kauf nehmen.
Unangenehm wird es für den unbeteiligten Betrachter, wenn lautstark schlüpfrige Privatangelegenheiten diskutiert werden. Ganz egal ob am Telefon, in der Mensa oder gar der Vorlesung. Es gibt Dinge, die möchte man über Kommilitonen lieber nicht erfahren, schon gar nicht beim Mittagessen.
Fast gruselig wird es wenn sich die Frischverliebten das Mensaessen teilen, bis aufs letzte Reiskorn. Hängt der Schnittlauch noch in den Zähnen? Macht nichts! Mit flinken Zungenfertigkeiten des Partners ist dieser schnell entfernt und das nicht nur bei Zahnmedizinern.
Eine frische Liebe setzt Energien frei. Auf Wolke Sieben scheint selbst die schwerste Matheaufgabe kein Problem mehr zu sein. Doch Achtung: Wenn man sich nun folgerichtig beim Liebsten einen Kuss für die Lösung des schwerwiegenden mathematischen Problems abholt, dabei aber die Leidenschaft nicht zügeln kann und beinahe dessen Zäpfchen verschluckt, ist das für Aussenstehende nicht ganz so romantisch mit anzusehen, wie es sich für das Pärchen wohl anfühlen muss.
Das Ende
Solange eine solche Beziehung unter Kommilitonen funktioniert ist sie mit Sicherheit von viel Verständnis geprägt. Verständnis für Lernphasen, Wehwehchen und den Ärger mit dem Prof. Vermutlich teilt man sich den gleichen Freundeskreis, Interessen und viel Speichel. Das ist sicher eine gute Grundlage für eine harmonische Beziehung.
Was aber, wenn aus zu viel Harmonie Langeweile entsteht? Falls es mal zu Ärger im Paradies kommt, ist der Rosenkrieg nicht weit. Schliesslich muss die Verteilung der Territorien Mensa, Bibliothek und Bankreihen ausgefochten werden. Wer trifft schon gerne jeden Tag die verflossene Liebe?
Damit es aber erst gar nicht zu einem schlimmen Ende kommt, gibt es drei gute Faustregeln:
Nichts überstürzen: Was im Prüfungsstress willkommene Ablenkung ist, muss im Alltag nicht unbedingt funktionieren.
Raum zum Atmen: Jede kleine Blume kann nur mit Sauerstoff gedeihen. Oft kann es helfen, den Klammergriff zu lösen und so dem Anderen Zeit für sich selbst und die Freunde zu geben
Rücksichtnahme. Liebesbekundungen sind wunderschön, aber bitte nicht im Lesesaal.