Im zweiten Teil meines Interviews mit Jascha Preuss spricht der in New York City tätige Anwalt aus der Schweiz über die Unterschiede im Arbeitsalltag zwischen der Schweiz und der USA. Ausserdem erfahrt ihr hier, was er Studierenden rät, die auch einmal im Ausland arbeiten wollen…
Mirco: Was bereitete dir am meisten Mühe bei deinem Start in New York?
Jascha Preuss: Der Anpassungsprozess an die New Yorker Kultur war nicht so schwierig. Denn ich war schon immer fasziniert von dem Tempo, der Vielfältigkeit und der Energie, welche die Stadt versprüht. Nur schon der Heimweg mit der Metro wird hier zum Erlebnis. New York hat einen sehr hohen „Entertainment-Value“. Aber die Sprache und die härteren Bandagen im Arbeitsalltag machten mir schon sehr zu schaffen. Darum war ich immer sehr froh, meine Frau als Unterstützung in New York zu haben.
Was meinst du mit härteren Bandagen?
In Amerika gibt es viel mehr Prozesse und es braucht daher viel mehr Anwälte als in der Schweiz. Der Konkurrenzkampf ist massiv. Und es wird aggressiver um Kunden gebuhlt. Auch Kritik wird viel offener geäussert. Damit musste ich lernen umzugehen.
Vor 2 Jahren machtest du dich trotz den schwierigen Umständen selbständig. Wie läuft es?
Ich gründete mit meinem Partner die „Reiss und Preuss LLP“. Nun bin ich Anwalt und Unternehmer. Es ist sehr gut angelaufen. Die Selbstständigkeit ist sehr spannend für mich. Wir konzentrieren uns vor allem auf deutschsprachige Kunden, weil wir da einen komparativen Vorteil gegenüber den lokalen Anwälten haben. Wir habe grosse institutionelle Kunden, wie Banken oder Versicherungen, aber auch Privatpersonen.
Das Geschäft läuft gut, da bleibt sicher nicht viel Zeit, um mit den Kindern im Central Park zu spielen?
Das stimmt, leider habe ich nicht sehr viel Zeit. Amerikaner arbeiten deutlich mehr als Schweizer. Wir beginnen am Morgen zwar erst so gegen 9 Uhr, bleiben am Abend aber deutlich länger. In New York nehmen die Leute nur zwei Wochen Ferien pro Jahr. Ich versuche etwas mehr Ferien zu machen, aber das ist sehr schwierig. Wenn ich mal Ferien habe, dann verbringe ich diese am liebsten in der Schweiz.
Was vermisst du am meisten an der Schweiz?
So sehr mich das Tempo von New York fasziniert, so sehr vermisse ich manchmal auch die Ruhe der Schweiz. Ich freue mich immer sehr, wenn ich wieder in die Schweiz komme. Aber sonst vermisse ich eigentlich nichts Konkretes. Ich fühle mich sehr wohl in New York.
Hast du deine Entscheidung in die USA auszuwandern schon Mal bereut?
Bereut würde ich nicht sagen. Aber es gab schon dunkle Stunden und schlaflose Nächte. Unter dem Strich jedoch überwiegt das Positive und ich geniesse das Leben mit meiner Familie in New York.
Was für Tipps hast du für Studenten, die auch mal im Ausland arbeiten wollen?
Je früher die Studenten Erfahrungen im Ausland sammeln können, desto besser. Die Chance, ein Semester im Ausland zu studieren, sollte jeder Student nutzen. Das Kennenlernen von neuen Sprachen und Kulturen hilft den Horizont zu erweitern. So sieht man, dass es in andern Ländern komplett anders zu und her geht als in der behüteten Schweiz.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews