Der Basler Studienführer im Realitätscheck

Was soll ich studieren? Um diese Frage zu beantworten, haben bestimmt einige von euch den Basler Studiengangsführer in die Hand genommen. Eine immerhin 258 Seiten starke Infobroschüre, in welcher alle Studiengänge der Universität Basel aufgelistet und beschrieben sind. Zusammen mit einigen Bekannten aus verschiedenen Fachrichtungen habe ich den Studiengangsführer und seine Versprechungen aus der Perspektive von Studierenden genauer unter die Lupe genommen.

Im Studienführer werden ca. 70 Studiengänge in einem kurzen Beschrieb dargestellt. Ziel des Studienführers ist, den Studieninteressierten einen möglichst kurzen und prägnanten Überblick über das jeweilige Studienfach zu geben. Wo liegen die Schwerpunkte in Basel? Was muss man für das jeweilige Studium mitbringen? Welche Besonderheiten erwarten die Studierenden in diesem Fach? Wer sich für ein Fach entscheidet, muss schliesslich wissen, worauf er sich einlässt. Doch decken sich die Studienführertexte mit dem, was die Studierenden tagtäglich erleben. Wir machen den Realitätscheck:

GESCHICHTE
„Eine breite Ausbildung in verschiedenen Epochen(…) Die Studierenden nutzen die räumlichen, epochalen und konzeptuellen Schwerpunkte, die das Profil der Basler Geschichtswissenschaft (…) prägen: (…)Geschichte Osteuropas, Geschichte Afrikas (…)“
Eine befreundete Geschichtsstudentin bestätigt mir,  dass in Basel wirklich viel Wert auf osteuropäische Geschichte und die Geschichte Afrikas gelegt wird. Das sei sehr spannend, sie hätte sich aber doch vielleicht ein bisschen mehr asiatische Geschichte gewünscht. Auf jeden Fall sollte man sich bei der Studien(-orts)wahl die Schwerpunkte des Studiums genau anschauen.

„…in Zusammenarbeit mit lokalen Archiven“
Verbringt man als Geschichtsstudi wirklich viel Zeit in diesen Archiven? Im Falle meiner Gesprächspartnerin hat sich die Zusammenarbeit im Bachelorstudium auf zwei Übungen beschränkt.

„Neben guten Fremdsprachenkenntnissen vor allem in Französisch und Englisch, (…) verlangt das Geschichtsstudium (…) ein gutes Sprachgefühl, die Bereitschaft, viel zu lesen und ein hohes Mass an Selbstständigkeit und Eigeninitiative.“
Sprachkenntnisse sind im Geschichtsstudium tatsächlich gefragt, erzählt mir meine Kollegin. Die Lektüre umfasst neben Texten in Deutsch auch viele englische Schriftzeugnisse, ab und an auch mal muss man etwas auf Französisch lesen. Und zu lesen gibt’s tatsächlich viel. Wer die Texte nicht liest (Selbständigkeit und Eigeninitiative), langweilt sich in den Lehrveranstaltung oft.

ENGLISCH
„..Geduld und Ausdauer bei der sprach- und literaturwissenschaftlichen Feinarbeit.“
Stimmt. Dieses fast schon mathematische Vorgehen ist sicher nicht ganz jedermanns Sache, erzählt mir eine ehemalige Englischstudentin. Akribisch wird da jede Silbe genau untersucht.

MEDIZIN
„Biologie, Chemie und Physik sowie Anatomie und Physiologie bilden das Schwergewicht im Bachelorstudium.“
Anatomie und Physiologie? Diese Fächer begeleiten mich tatsächlich seit zweieinhalb Jahren. Die sechs Wochen Biologie, Chemie und Physik am Anfang des Studium hab ich jedoch schon fast wieder vergessen – sicher kein Schwergewicht in meinem Bachelorstudium. Gott sei Dank!

„Eine ganze Palette von Lehrangeboten in Gesprächsführung, Ethik (…) wird ständig weiterentwickelt.“
Das ist richtig und für uns Studierende sehr spannend. Davon können wir viel profitieren. Einziger Haken: Weiterentwicklung kann auch immer wieder mal zu Chaos oder Unsicherheit unter den Studierenden führen.

SOZIOLOGIE
„….interaktive Lehrformen, die frühzeitig forschendes Lernen ermöglichen sollen… Dazu werden z.B. durch Tutor-/innen betreute Kleingruppen sowie projektorientierte Arbeitsformen eingesetzt“
Ein befreundeter Bachelorabsolvent bemerkt, dass es schon ab und zu Tutorate gibt, in denen man irgendwelche Texte durchkaut und sich dann im besten Fall sogar Think-Thanks bilden. Leider bestünden viele Proseminare jedoch nur daraus, dass jede Woche eine andere Zweiergruppe einen Vortrag zu einem Text hält. Da es am Ende aber keine Prüfungen gibt, bleiben sie oft die einzigen, die den Text gelesen haben und die anschliessenden Besprechungen münden immerwieder in die ewig gleichen Diskussionen um den bösen Kapitalismus. Fazit: Wie spannend und lehrreich solche Veranstaltungen sind, hängt also auch sehr von seinen Mitstudierenden ab. Ein Faktor, den es also nicht zu vernachlässigen gilt. Am besten, man setzt sich schon während der Studienwahlphase mal in eine Vorlesung oder Übung, um zu schauen, ob diese Unterrichtsform einem zusagt.

RELIGIONSWISSENSCHAFTEN
„Im Rahmen des EUCOR-Programms können Lehrveranstaltungen an allen oberrheinischen Universitäten besucht werden.“
„Davon hab ich noch nie gehört“, meint die Studentin, mit der ich darüber gesprochen habe. Da scheint der Informationsfluss nicht geklappt zu haben. Wie EUCOR funktioniert, lest ihr hier.


Stöbern lohnt sich
Fazit zum Schluss: Der Studiengangsführer, den ihr übrigens hier bestellen könnt, bietet sicher eine gute Informationsbasis und zeigt im Stil eines Katalogs auf, was es denn so gibt. Ich zum Beispiel wusste bis heute nicht, dass man an der Uni Basel Versicherungswissenschaft oder jüdische Studien studieren kann. Und schon gar nicht, dass ich mit dem Medizin-Bachelor auch einen Master in Biotechnologie machen könnte. Trotzdem ist es sicher wichtig, dass man auch den Kontakt mit Studierenden sucht. Niemand kann einem besser erklären, wie das Studium dann tatsächlich aussieht und wie im Seminarraum die „allgemein wissenschaftlichen Kernkompetenzen“ konkret vermittelt werden.

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