Die UNO trifft sich in New York zum Klimagipfel, Greta Thunberg hält bewegende Reden, Deutschland verabschiedet ein Klimaschutzprogramm, in der Schweiz wird die Trinkwasser-Initiative diskutiert und die Gletschter-Initiative hat auch schon mehr als 120’000 Unterschriften gesammelt. Nachhaltigkeit ist ein brandheisses Thema und dies nicht nur wegen der Klimaerwärmung. Doch wie sieht es mit der Nachhaltigkeit an der Universität Basel aus und was kann man als Einzelperson für die Nachhaltigkeit tun? Arne Menn, Leiter der Fachstelle für Nachhaltigkeit, gibt mir in einem Gespräch Auskunft:
«Nachhaltigkeit ist für mich in erster Linie eine Frage von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit zwischen den heutigen Generationen und den zukünftigen sowie zwischen den Ländern, denen es besser geht, und jenen Ländern, die ökonomisch noch aufholen», erleichtert mir Arne Menn die Definition von Nachhaltigkeit. Vor uns stehen zwei Tassen Kaffee, wovon ich keine bezahlt habe. Er geht auch nachhaltig mit Studierenden um. «Das Ganze ist noch in den siebzehn SDG – Sustainable Development Goals politisch definiert, woran wir uns als Universität orientieren.»
Arne Menn hat selbst an der Universität Basel den Master in Sustainable Development gemacht, sich mit anderen Studierenden zusammen für die Einrichtung einer Fachstelle für Nachhaltigkeit an der Universität engagiert und erntet nun die Früchte seiner Arbeit, indem er mittlerweile als Leiter der 2012 neu geschaffenen Fachstelle arbeitet; ein toller Job, wie er selbst findet.
Was unternimmt die Fachstelle für Nachhaltigkeit an der Universität Basel?
Aktuell arbeitet die Fachstelle besonders daran, im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts eine solide Datenbasis aufzubauen, vom Energieverbrauch bis hin zur Anzahl von Lehrveranstaltungen mit Nachhaltigkeitsbezug. Aufgrund der Daten wird ersichtlich, wo man Ressourcen einsparen und/oder bestimmte Massnahmen umsetzen sollte. «Momentan sammeln wir gerade Daten im Bezug auf die Flugmeilen der Universität Basel. Die Ergebnisse werden wir diesen Herbst vorliegen haben und können dann auf dieser Basis Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen in diesem Bereich erarbeiten. Hier wird es aber sicher auch auf die Einbindung der Fakultäten und Gruppierungen ankommen, denn solche Ziele müssen von der Universität als Ganzes getragen werden.»
Ausserdem ist die Fachstelle gerade daran, zwei bis drei Ziele und Massnahmen pro Schwerpunkt der Nachhaltigkeit an der Universität zu definieren, die dann umgesetzt und in einem Zwei-Jahres-Rhythmus im Nachhaltigkeitsreport ausgewertet werden soll. «Wir wollen eine Verbesserungsspirale kreieren.»
Oft wird die Fachstelle interdisziplinär in Beratungen eingebunden, wie zum Beispiel: Wären Veloleihstandorte der Universität sinnvoll? Soll Kernenergie aus dem Strommix entfernt werden? «Die Fachstelle initiiert oft auch eigene Projekte. Wir möchten als Katalysator agieren: Initiieren und beschleunigen!»
Wo liegen denn die Stärken der Universität im Bezug auf die Nachhaltigkeit?
«Die Verpflegung an der Universität Basel liegt bereits schweizweit vorne, ausserdem sind wir in der Lehre für Nachhaltigkeit sehr gut aufgestellt und die Nachhaltigkeits-, und Energieforschung SCCER CREST liefert wichtige Entscheidungsgrundlagen für Politik und Öffentlichkeit», berichtet mir Arne Menn zufrieden. Die CO2-Emissionen der Verpflegung konnten seit Beginn der Aktivitäten 2012 um 7% reduziert werden, der Anteil Flugwaren am gesamten Warenkorb liegt bei nur 0.12 %.
… und die Schwächen?
«Schwächen? Ich würde sagen wir haben noch viel Verbesserungspotenzial, das uns aber auch anspornt. Falls mich etwas wirklich stört, sind es die Gebäude – aus Klimaschutzsicht. Die Universität ist mit Ihren Gebäuden über ganz Basel verteilt und an vielen Orten erschwert der Denkmalschutz Massnahmen für Energieeffizienz. Aber gerade bei Neubauten müssen wir dringend Nachhaltigkeit-Standards integrieren, am besten schon von Beginn an in den Wettbewerbsausschreibungen.»
Wie kann man Nachhaltigkeit in sein Studium integrieren?
Die Universität Basel bietet einen spezifischen Master in Sustainable Development MSD an, ausserdem besteht die Möglichkeit das Transfakultäre Querschnittsprogramm für Nachhaltige Entwicklung TQNE zu belegen. Das TQNE kann man nach dem dritten Semester Bachelor besuchen und besteht aus einem sozialwissenschaftlichen, einem naturwissenschaftlichen, einem ökonomischen sowie einem interdisziplinären Kurs im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit. Am Ende ist man dann auch stolzer Besitzer eines Zertifikats.
Zudem wird an der Universität Basel ‚Service Learning‘ in Form von IMPULS angeboten. Dabei wird von Dozierenden eine Theorie in einer Vorlesung erläutert, sofern es etwas mit den SDG’s zu tun hat, welche dann von den Studierenden mit einem Partner aus der Zivilgesellschaft sogleich praktisch im Sinne von Projekten mit Nachhaltigkeitsbezug umgesetzt wird. Zum Beispiel wird ein neues Lernkonzept für Schulklassen vorgestellt, welches die Studierenden dann mit Schülern ausprobieren können. «So können wir die Nachhaltigkeit in der Lehre und gleichzeitig Studierendenprojekte fördern», erklärt mir Arne Menn das neue Lernkonzept.
Ausserdem gibt es noch BOOST! Dafür können sich Studierende ganzjährig mit einer Projektidee zum Thema Nachhaltigkeit bewerben und den besten Konzepten werden Fördergelder bis zu 500 Franken gezahlt. Aktuell hat sich Raphael Thomann für eine Podiumsdiskussion zum Thema Trinkwasserinitiative engagiert, die am 15. Oktober in der Aula des Kollegienhauses stattfinden wird.
Was kann nun ein einzelnes Individuum für die Nachhaltigkeit tun?
«Solarzellen aufs Dach jagen, kann man als Student nicht», schätzt Arne Menn unsere Lage ganz richtig ein. Hingegen kann man sich im Bezug auf die Mobilität Gedanken machen: «Fliegen sollte man möglichst vermeiden.» In der Verpflegung kann man auch versuchen umweltfreundlicher zu leben; wenn man bisher fünf Mal pro Woche Fleisch ist, kann man nächste Woche probieren dies auf drei fleischhaltige Mahlzeiten zu reduzieren. Verpackungen vermeiden und möglichst keine Ein-Weg-Produkte wie PET-Flaschen benutzten, wäre auch nicht schlecht. Tipps und Tricks für ein nachhaltigeres Alltagsleben hat die Fachstelle in einer Broschüre zusammengefasst.
Was ihm aber am meisten am Herzen liegt ist: Engagement! «Ein eigenes Start-up gründen, politisch aktiv werden und freitags auf die Strasse gehen, eigene Projekte starten… Wenn man nicht gleich mutig ein ganzes Projekt mit BOOST anreissen möchte, kann man bei SDUBS aktiv werden.» SDUBS, kurz für: Students for Sustainability at the University of Basel, ist eine Gruppe von Studenten die sich für die Nachhaltigkeit einsetzten. Zum Beispiel organisiert die SDUBS jeden Frühling die Nachhaltigkeitswoche, wofür man sich melden kann.
Wir sitzen schon seit 35 Minuten in der Cafeteria des Kollegienhauses. Ich höre sehr interessiert zu und könnte wahrscheinlich noch tausend Fragen stellen, doch es bleibt mir nur noch Zeit für eine kleine, letzte Frage, bevor er seinen vollgepackten Arbeitstag wieder aufnehmen muss: «Wie bist du denn heute zur Universität gekommen?» Ein kleines Lachen: «Mit dem Fahrrad, aber das ist ein wenig unfair; ich wohne nur drei Minuten von der Universität entfernt.»