Glaube und Wissenschaft: Dass diese beiden Werte kein Widerspruch sein müssen, zeigt das Pfarramt an der Universität Basel. Der Uni-Pfarrer Luzius Müller erzählt, wie er zu dieser Stelle gekommen ist, wie vielfältig seine Arbeit ist und weshalb er sich jede Woche während der Arbeit eine Kochschürze umbindet.
Luzius Müller ist am Unipfarramt eine Konstante: Seit bald 15 Jahren arbeitet er für das reformierte Uni-Pfarramt beider Basel. Er ist verantwortlich für Gottesdienste und Feiern, aber auch die universitäre Lehre und kirchliche Bildungsveranstaltungen wie auch für die Seelsorge und Diskussionsgruppen.
Seine universitäre Karriere begann nicht in der Theologie, sondern in den Naturwissenschaften. Nach dem Gymnasium studierte er in Basel Chemie. «Ich merkte bereits während des Studiums, dass mir die wissenschaftliche Arbeitsweise gefiel, mein Interesse jedoch auch stark dem Sprachlichen und Zwischenmenschlichen gilt.»
Mit 27 Jahren und nach zwei Jahren in der Forschung packte er deshalb diesen zweiten Bildungsweg an. Nach dem abgeschlossenen Theologiestudium war Luzius erst auf einigen kleinen Stellen, wie der Spitalseelsorge, tätig und schrieb nebenbei seine Dissertation im Bereich der Medizinethik.
Wandel im Pfarrberuf und der Gesellschaft
Schlussendlich bewarb er sich für die Stelle als Pfarrer im reformierten Uni-Pfarramt beider Basel und konnte dank seiner vielfältigen Ausbildung und seinem Knowhow in der universitären Arbeit die Stelle antreten. Und sie auch gleich mitgestalten: «Ich war sehr frei in der Gestaltung und den Aufgabenbereichen der Stelle. Durch die Bologna-Reform veränderte sich auch meine Stelle: Wo früher freiwillige Abendveranstaltungen gerne besucht wurden, spielen heute Kreditpunkte eine viel grössere Rolle».
Auch die Kirche selbst und der Glauben in der Gesellschaft seien seither im Umbruch. «Früher kamen fast alle durch den Religionsunterricht oder die Konfirmation bzw. Firmung in Berührung mit der Kirche. Manche erläuterten lautstark ihre negativen Ansichten der Kirche gegenüber. Heute jedoch haben viele weder einen positiven noch einen negativen Zugang zur Kirche. Es wird gar nicht mehr darüber gesprochen.»
Die Seelsorge an der Universität Basel
Eines der zahlreichen Angebote, die das Pfarramt beider Basel für Studierende schafft, ist die Seelsorge. «Ich mag zwar den Begriff der Seelsorge, viele können sich jedoch nicht mehr viel darunter vorstellen.», sagt Müller Dabei gehe es genau um die Sorge, die man seiner Seele tragen sollte: In Form eines Gesprächs könne die eigene Seele zur Ruhe kommen und das Belastende dürfe ausgesprochen werden. «Unser Umfeld ist zwar oft eine wundervolle Stütze in schwierigen Lebenslagen. Aber es fällt uns schwer, leidenden Personen keine Ratschläge zu geben, sondern einfach nur zuzuhören».

Hier arbeitet Luzius Müller seit 15 Jahren: am Leonhardskirchplatz 11 (Bild: zvg).
Bei Luzius Müller ist genau dies möglich. Er möchte einen Raum anbieten, in dem man offen seine Probleme und Schwierigkeiten ansprechen kann, ohne beraten zu werden.
Eine vielfältige und abwechslungsreiche Arbeitsstelle
Auf die Frage, was er denn an einem gewöhnlichen Arbeitstag unternimmt, weiss Luzius Müller viel aufzuzählen. Neben den alltäglichen Mails zur Kontaktpflege gehört auch die Vorbereitung auf die Lehre, genauso wie das Vorbereiten einiger Gottesdienste zu seinem Aufgabenbereich.
Ende Jahr organisiert das Pfarrarmt zusammen mit der medizinischen Fakultät und den Student*innen des Anatomiepraktikums einen Gottesdienst. Dies zum Gedenken an die Verstorbenen, die ihren Körper der Medizin vermacht haben. «Diesen Gottesdienst bereite ich jeweils mit grosser Freude zusammen mit meinem katholischen Arbeitskollegen vor», sagt Müller. Die Vorbereitung seiner drei Lernveranstaltungen «Einführung in die Bibel für nicht Theolog*innen», «Medizin und Religion» und «Einführung in die Enzyklopädie der Theologie» nehme jedoch am meisten Zeit ein. Hier investiert er aber auch gern seine Zeit: «Ich unterrichte unglaublich gerne und bereite auch die Vorlesungen mit Freude vor.»
Für Schleckmäuler und solche, die Geselligkeit suchen
Nicht nur Seelsorge und Lehrveranstaltungen gehören zu Müllers Wochenprogramm. Mittwochs veranstaltet er einen Mittagstisch. Zwei Studentinnen kochen für die versammelte Truppe, er organisiert den Anlass. «Den Mittagstisch schätze ich, weil hier Studierende aus allen Fachrichtungen zusammenkommen können und sich über alltägliches austauschen dürfen, während sie mit Köstlichkeiten aus der Küche verwöhnt werden», sagt der Pfarrer.

Beim Mittagstisch hilft Luzius Müller auch gerne selber mit (Bild: zvg).
Der Mittagstisch solle keine «Mogelpackung» sein, bei der am Tisch nur über Religion diskutiert wird. Müller wünscht sich lediglich inspirierende Gespräche – egal ob über Gott, organische Chemie oder ein gutes Kuchenrezept.
3 Kommentare
Fr, 23. Dezember 2022 / 09:42 Uhr
Liebe Saskia, vielen Dank für den schönen Beitrag! 🌼🌼🌼
Fr, 23. Dezember 2022 / 11:52 Uhr
Der Mittagstisch bei Luzi war immer mein Highlight der Woche! Vielen Dank!
Mo, 26. Dezember 2022 / 14:15 Uhr
Toller Bericht über eine sympathische Persönlichkeit! Ich habe die Lehrveranstaltung „Medizin und Religion“ sehr geschätzt als Studentin, mach bitte weiter so!